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Kassenärzte: Viele Notaufnahmen nicht ausgelastet

Von wegen alle Notaufnahmen sind überlaufen, mit genervten Patienten und Ärzten. Im Gegenteil, sagen die Kassenärzte. Das erhöht das Risiko für Patienten.

Deutsche Notaufnahmen im internationalen Vergleich wenig ausgelastet

Von wegen alle Notaufnahmen sind überlaufen, mit genervten Patienten und Ärzten. Im Gegenteil, sagen die Kassenärzte. Das erhöht das Risiko für Patienten.

Die meisten Notaufnahmen an deutschen Krankenhäusern sind nach einer neuen Studie kaum ausgelastet. Die Kassenärzte sehen darin einen erheblichen Reformbedarf, insbesondere bei Häusern mit kleineren Notaufnahmen. Denn geringere Erfahrung des medizinischen Personals sowie schlechtere Technikausstattung führten hier zu höheren Risiken für Patienten. Nach der Untersuchung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, werden im Durchschnitt rund 1,7 Patienten pro Stunde in der Notaufnahme eines Krankenhauses behandelt.

"Wenn es um Leben und Tod geht, ist die Versorgung in den großen Notaufnahmen erheblich besser", erläuterte Institutsgeschäftsführer Dominik von Stillfried und verwies auf Untersuchungen in den USA. Dort zeigten sich bei Notaufnahmen mit weniger als 2,3 Patienten pro Stunde (20.000 Patienten pro Jahr) die höchsten Sterblichkeitswerte. In Deutschland behandelten aber nur knapp ein Drittel der Notaufnahmen mehr als zwei Patienten pro Stunde.

Mit dem Durchschnittswert von weniger als zwei Patienten pro Stunde liege Deutschland weit unter europäischen Vergleichswerten. In England etwa werden demnach 11, in Dänemark 10 Patienten pro Stunde in Krankenhausnotaufnahmen behandelt. Das Zentralinstitut untersuchte die Auslastung von Krankenhausnotaufnahmen in den Bezirken von 13 Kassenärztlichen Vereinigungen.

Stillfried erläuterte weiter: "In der Öffentlichkeit ist der Eindruck entstanden, als seien die Notaufnahmen sämtlich überlaufen. An einigen Standorten mag das durchaus der Fall sein, generell kann jedoch keine Rede davon sein." Er fügte hinzu: "Gemessen an Referenzwerten aus internationalen Studien, behandeln die meisten Notaufnahmen im Schnitt so wenige Patienten, dass hierdurch erhöhte Risiken für Patienten bestehen. So führen geringere Erfahrung sowie schlechtere Personal- und Technikausstattung in kleinen Notaufnahmen oftmals zu höheren Komplikationsraten, längeren Krankenhausaufenthalten und zu höherer Sterblichkeit für Patienten."

Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, appellierte an die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), von ihren Standpunkt abzurücken, alle Notaufnahmen um jeden Preis erhalten zu wollen. Gassen sagte der dpa: "Wenn im Durchschnitt 1,7 Patienten pro Stunde in der Notaufnahme eines Krankenhauses behandelt werden, so muss die Frage erlaubt sein, ob hier nicht Synergien genutzt werden können."

Gassen unterstrich aber auch, Patienten, die "echte" Notfälle seien, müssten an allen Krankenhäusern versorgt werden können. "Uns geht es vor allem um die Patienten, die eben keine Notfälle sind, sondern eigentlich im Bereitschaftsdienst behandelt werden könnten."

Die KBV habe Vorschläge für eine enge Kooperation des Bereitschaftsdienstes der niedergelassenen Ärzte mit den Notaufnahmen der Krankenhäuser gemacht, sagte Gassen und verwies darauf, dass die KBV sich hier mit dem Marburger Bund in Gesprächen befinde, um das ineffiziente Nebeneinander von ambulanter und stationärer Notfallversorgung von Patienten zu verbessern.

Vor zweieinhalb Monaten legten KBV und Marburger Bund (MB), die Gewerkschaft der zumeist in Kliniken angestellten Ärzte, ein Reformkonzept vor für eine integrierte Notfallversorgung der rund 150.000 Praxisinhaber und der knapp 2000 Kliniken. Dazu müssten die Bereitschaftsnummer der Praxisärzte 116117 und die bisherige Notrufnummer des Rettungsdienstes 112 stärker vernetzt werden. Patienten sollen dann bei einer gemeinsamem Anlaufstelle rund um die Uhr anrufen können und eine qualifizierte Ersteinschätzung nach bundesweit einheitlichem Standard bekommen.