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Intensivmedizin: Neue Richtlinie zur Spendererkennung vorgestellt

Wegen zu niedriger Spenderzahlen soll die Entnahme von Organen und Gewebe in Deutschland nach Willen der Politik neu geregelt werden. Eine Mehrheit der Intensiv- und Notfallmedizinerinnen und -mediziner spricht sich für eine Widerspruchslösung bei der Organspende aus.

63,6 Prozent für Widerspruchslösung

Wegen zu niedriger Spenderzahlen soll die Entnahme von Organen und Gewebe in Deutschland nach Willen der Politik neu geregelt werden. Eine Mehrheit der Intensiv- und Notfallmedizinerinnen und -mediziner spricht sich für eine Widerspruchslösung bei der Organspende aus. Die Fachgesellschaft hat 2.433 Personen erreicht und befragt, darunter mehrheitlich Ärzteschaft, Pflegepersonal, TherapeutInnen und auch Seelsorgende.

Von 1.299 Rückmeldungen stimmten 63,6 Prozent für die Widerspruchslösung. "Das Ergebnis ist repräsentativ und eine solide Entscheidungsgrundlage für das Gesetzgebungsverfahren", sagt Professor Klaus Hahnenkamp, Sprecher der Sektion Organspende und Organtransplantation der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). Zum Start des DIVI-Kongresses in Hamburg hat er zudem eine neu erarbeitete Richtlinie zur Spendererkennung vorgestellt. Zudem hat die Fachgesellschaft ab sofort eine Stimme im Stiftungsbeirat der Deutschen Stiftung Organtransplantation.

"Wir haben vor wenigen Tagen die offizielle Mitteilung erhalten, dass wir ab sofort eine Stimme im Stiftungsbeirat der Deutschen Stiftung Organtransplantation haben", sagt Klaus Hahnenkamp zu Beginn des DIVI-Kongresses mit rund 6.000 Teilnehmenden. "Wir freuen uns als interdisziplinäre Fachgesellschaft sehr, uns zukünftig aktiv in dieses Gremium einbringen zu können." Auch dank Hahnenkamps Engagements hat die DIVI seit diesem Jahr zwei Stimmen in der Ständigen Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer. "Wir beschäftigen uns täglich mit dem Thema Organspende und Organtransplantation. Mit unserer Expertise als wissenschaftliches Gremium bieten wir eine neutrale Position ohne Interessenskonflikte", sagt der Arzt und Klinikdirektor der Klinik für Anästhesiologie der Universitätsmedizin Greifswald.

Neue Richtlinie zur Spendererkennung auf den Weg gebracht

Die DIVI-Fachleute um Klaus Hahnenkamp haben in einem gut vierjährigen Prozess die Entwicklung einer neuen Bundesärztekammer-Richtlinie zur Spendererkennung entschieden vorangebracht. Damit soll in Zukunft ein proaktives und professionelles Spendermanagement für die Steigerung der Transplantationszahlen geschaffen werden. Gesetzlich verabschiedet sind diese noch nicht. Die Richtlinie enthält vor allem transparente Abläufe, die den Umgang mit potenziellen Organspendenden im interprofessionellen Miteinander auf der Intensivstation erleichtern werden. "Ein optimales Management des potenziellen Organspenders bis hin zur Organentnahme erhöht den Transplantationserfolg", sagt Klaus Hahnenkamp, dessen DIVI-Sektion Organspende und Organtransplantation die neue Richtlinie maßgeblich erarbeitet hat. Unterstützt wurden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von der Ethik-Sektion der DIVI. "Unser großer Dank gilt hier vor allem der Ständigen Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer, die in einem langen Prozess diese Richtlinie auf den Weg gebracht und nun ohne Gegenstimmen verabschiedet hat", unterstreicht Hahnenkamp.

Bei irreversiblem Hirnfunktionsverlust: Verlässliche Regelung durch gesetzliche Vorgaben

"Die jetzt erstellten Handlungsleitplanken unterstützen transplantationsbeauftragte ÄrztInnen bei der Erstellung und Umsetzung von Abläufen zur Diagnostik, Therapie und Logistik", sagt Professor Uwe Janssens, Sprecher der Ethik-Sektion und zugleich Präsident der DIVI. Er sieht hier auch einen bedeutenden Zusammenhang zwischen der neu erstellten Richtlinie und den bevorstehenden Entscheidungen zur gesetzlichen Neuregelung der Organspende in Deutschland. "Jetzt muss klar geregelt werden, in welcher Form Patienten oder Angehörige einer Organspende eindeutig zustimmen oder widersprechen können. Anschließend sollten auch die Neuregelungen greifen", sagt Janssens, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin am St.-Antonius-Hospital in Eschweiler. "Die frühzeitige Identifizierung von Krankheitsverläufen, die zum irreversiblen Hirnfunktionsverlust führen können, ist eine unserer Kernaufgaben. Wir brauchen also eine verlässliche Regelung."

Repräsentatives Umfrageergebnis

Für eine verlässliche Regelung bringt sich die DIVI in die aktuelle Diskussion um die Organspende-Neuregelung in Deutschland ein und hat dazu eine eigene Blitzumfrage gestartet. Gefragt wurde danach, welcher Regelung zur Organspende man zustimme. Das Ergebnis ist repräsentativ: Von 2.433 erreichten Mitgliedern nahmen 1.299 an der Umfrage teil. "Ein sensationelles Ergebnis mit einer Beteiligung von 51,2 Prozent", betont DIVI-Präsident Janssens. "Das zeigt, wie wichtig diese Debatte ist und wie differenziert sie geführt werden sollte!" Denn: Die Mehrheit votierte mit 37,5 Prozent für die (einfache) Widerspruchslösung und 26,1 Prozent für die doppelte Widerspruchslösung. Zusammen also 63,6 Prozent – knapp zwei Drittel aller Befragten. Für Janssens, der seit vielen Jahren die Sektion Ethik der DIVI als Sprecher leitet, ist es wichtig, genau hinzuschauen. "Wenn zwei Drittel sich für diese Regelung aussprechen, heißt das auch, dass ein Drittel eine andere Regelung für geeigneter hält." So votierten 13,2 Prozent der Befragten für die Beibehaltung der derzeitigen Entscheidungslösung und 20,2 Prozent für die Stärkung der Entscheidungsbereitschaft. Professor Klaus Hahnenkamp wertet dieses Ergebnis als repräsentativ.