Weltweit sind etwa 15 Prozent aller Frauen und 11 Prozent aller Männer adipös (BMI ≥ 30 kg/m2), Tendenz steigend. Die Betroffenen haben nicht nur mit den damit verbundenen körperlichen Beschwerden zu kämpfen, sondern sehen sich auch mit Vorurteilen und Diskriminierung konfrontiert.
Dies betrifft generell den Alltag, das Gesundheitswesen, die persönlichen Beziehungen und die Schule bzw. den Beruf. Gerade stark übergewichtige Frauen leiden häufig unter Stigmatisierung, vor allem im Arbeitsleben und in Partnerschaften. Um Menschen mit Adipositas zu unterstützen, wurde 2015 erstmals der Welt-Adipositas-Tag ausgerufen, der am 11. Oktober dieses Jahres zum dritten Mal unter dem Motto "Prävention der Folgen von Adipositas" stattfindet. Initiator ist die "World Obesity Federation", ein internationaler Zusammenschluss von Medizinern, Wissenschaftlern und Forschern, die sich für die Prävention und Therapie von Adipositas einsetzen.
Unbehandelt kann Adipositas zu einer Reihe von gesundheitlichen Problemen führen wie z. B. Herz- und Lebererkrankungen, Diabetes oder verschiedene Krebsarten. "Aber nicht nur Folgeerkrankungen sind belastend für Menschen mit Adipositas. Sie leiden auch unter Vorurteilen und Stigmatisierung", so Professor Dr. Matthias Blüher. "Oftmals wird ihnen unterstellt, sie seien faul, essen zu viel oder sind undiszipliniert. Tatsächlich ist Adipositas jedoch nicht einfach nur ein Problem des falschen Lebensstils. In vielen Fällen steckt eine ernstzunehmende chronische Erkrankung dahinter."
Menschen mit Adipositas begegnen einer Stigmatisierung in vielen Lebensbereichen. "Fettleibige werden häufig Zielscheiben unangebrachter Witze und Äußerungen", erläutert Blüher. "In der Schule oder am Arbeitsplatz werden sie oftmals benachteiligt – das kann bis hin zu Mobbing reichen." Auch in der medizinischen Versorgung zeigen sich Abweichungen: Oft sind die Behandlungszeiten kürzer als bei Normalgewichtigen und Ärzte, Pfleger, Krankenschwestern oder Arzthelfer sind aufgrund des starken Übergewichts voreingenommen. Adipöse gehen daher seltener zum Arzt oder verschieben Termine. Gründe dafür sind Scham, Schuldgefühle oder Angst vor Diskriminierung.
Dabei sind Frauen stärker von Vorurteilen betroffen als Männer. Untersuchungen belegen, dass Assoziationen gegenüber adipösen Frauen vor allem in den westlichen Industrienationen weitestgehend negativ sind. Ihnen wird beispielsweise häufig eine geringere Ausbildung und ein schlechterer Job zugeschrieben. Die meisten Menschen mit Adipositas haben mit Benachteiligungen am Arbeitsplatz zu kämpfen. Dazu zählen z. B. bevorzugtes Einstellen normalgewichtiger Menschen oder Unterstellung einer geringeren Kompetenz bzw. Eignung für den Job. Zudem müssen vor allem stark übergewichtige Frauen Einbußen beim Gehalt hinnehmen. Auch in Partnerschaften sind adipöse Frauen aufgrund einer gewichtsbedingten Stigmatisierung insgesamt unzufriedener als normalgewichtige Frauen. Darüber hinaus sind sie auch häufiger alleinstehend als Normalgewichtige – trotz ihres Wunsches nach einer festen Beziehung.
Zwischen 1980 und 2008 hat sich die Zahl der Menschen mit Adipositas nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO verdoppelt. Etwa 604 Millionen Frauen und Männer weltweit hatten 2015 einen Body-Mass-Index von 30 kg/m2 oder darüber und gelten damit als adipös. In allen Altersgruppen waren mehr Frauen als Männer von einer Adipositas betroffen. Schätzungen zufolge könnte der Anteil der übergewichtigen und adipösen Menschen bis 2025 auf 2,7 Milliarden ansteigen.
Der gleiche Trend zeigt sich auch in Deutschland: Laut Robert Koch-Institut waren bereits 2011 schon 23,3 Prozent der Männer und 23,9 Prozent der Frauen von Adipositas betroffen, Tendenz steigend. Der Welt-Adipositas-Tag am 11. Oktober 2017 steht unter dem Motto "Prävention der Folgen von Adipositas". Die direkten Folgekosten von Adipositas können geschätzt werden. Welche Folgen allerdings eine gewichtsbedingte Stigmatisierung haben kann, ist kaum numerisch erfassbar.