Wegen der hohen Dunkelziffer bei der Ebola-Epidemie gehen Experten von weit mehr als den bisher bekannten rund 5000 Toten aus. Mitte Oktober veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine erschreckende Prognose: Sie rechnet im Dezember mit bis zu 10 000 neuen Ebola-Fällen pro Woche in Westafrika. Ein Rückblick auf vergangene Pandemien:
SPANISCHE GRIPPE: Die Opferzahlen der größten Influenza-Epidemie werden auf 27 bis 50 Millionen geschätzt. In Deutschland sterben von 1918 an rund 300 000 Menschen. Von den weltweit rund 500 Millionen Infizierten – etwa einem Drittel der damaligen Bevölkerung – waren besonders Erwachsene zwischen 20 und 50 Jahren betroffen. Bei der Krankheit soll eine Überreaktion des eigenen Immunsystems unter anderem das Lungengewebe zerstört haben. Die moderne Medizin geht davon aus, dass die meist symptomatischen Therapien in der Regel versagt haben und Bettruhe und Krankenpflege wohl die beste Wirkung zeigten. 1920 verschwindet der Grippevirus H1N1.
ASIATISCHE GRIPPE: Die zweitschlimmste Influenza-Welle des vergangenen Jahrhunderts wird Anfang 1957 erstmals in China erkannt. Sie kostet bis 1958 weltweit etwa eine Million Menschenleben. In Deutschland sterben etwa 30 000 an dem hochgefährlichen Virussubtyp H2N2 – einer Kombination aus einem menschlichen und einem Vogelgrippevirus. H2N2 hatte sich von Hongkong über die USA nach Europa ausgebreitet. Infolge der Grippe setzen sich deutsche Ärzte vermehrt für Schutzimpfungen ein.
TUBERKULOSE: Als am 24. März 1882 der Mediziner Robert Koch erstmals das Tuberkulosebakterium Mycobacterium tuberculosis beschreibt, sterben in Europa jährlich noch Zehntausende an der auch als Schwindsucht bekannten Krankheit. Obwohl sie heilbar ist, ist sie auch heute noch eine der gefährlichsten Infektionserkrankungen – vor allem in Ländern mit einer schlechten medizinischen Versorgung sowie in Kriegs- und Krisenregionen. 2013 registriert die WHO weltweit rund neun Millionen Neuinfektionen und 1,5 Millionen Todesfälle. Erkrankte leiden unter Kraftlosigkeit, Gewichtsabnahme und andauerndem Husten. In der Regel kann TB mit Antibiotika behandelt werden.
CHOLERA: Im 19. Jahrhundert breitet sich die Infektionserkrankung vom Ganges-Delta in Indien über die ganze Welt aus. Sechs Pandemien in Folge töten Millionen; die siebte bricht 1961 aus. Auch heute sterben laut WHO jedes Jahr bis zu 120 000 Menschen an der Krankheit, die Erbrechen und lebensgefährlichen Durchfall verursacht. Das Bakterium Vibrio cholerae löst die Infektion aus, verschmutztes Trinkwasser und verunreinigte Lebensmittel befeuern die Übertragung. Im Extremfall kann sie innerhalb weniger Stunden zum Tod führen. Etwa 80 Prozent der Infektionen verlaufen jedoch milde.
PEST: Die Infektionserkrankung wird erstmals im 6. Jahrhundert im Mittelmeerraum nachgewiesen. Der Erreger Yersinia pestis tötet in den folgenden 200 Jahren mehr als 100 Millionen Menschen. Die Krankheit tritt in verschiedenen Formen auf: Die Beulenpest wird durch einen Floh, die Lungenpest wird mit der Atemluft von Mensch zu Mensch übertragen. Folge der Infektion ist die Pestsepsis mit Verwirrtheit, Fieber, Lethargie, Nierenversagen, Milz- und Lebervergrößerungen. Zwischen 1347 und 1352 sterben an der als «Schwarzer Tod» bekannten Pandemie in Europa zig Millionen Menschen. 1894 wird das Bakterium entdeckt. Heutzutage sind bei früher Diagnose die Heilungschancen durch Antibiotika hoch. Die WHO zählt jährlich bis zu 2000 Pestfälle.
POCKEN: An der seit vielen Jahrhunderten bekannten Krankheit sterben im 18. Jahrhundert allein in Europa 60 Millionen Menschen. Siedler bringen die durch Pockenviren verursachte Erkrankung, bei der sich unter anderem Bläschen auf der Haut bilden, nach Amerika. Dort kostet sie Millionen der bis dahin von der Krankheit verschonten Ureinwohner das Leben. Um 1800 erforscht der englische Arzt Edward Jenner einen Impfstoff. Im 20. Jahrhundert wird die auch als Blattern bekannte Infektionskrankheit als erste durch ein weltweites Impfprogramm ausgerottet. 1980 erklärte die WHO die Welt offiziell als pockenfrei. Alle heute bekannten Pockenbestände existieren nur in Labors und – so die Befürchtung – unter Umständen in den Händen von Terroristen.
Text und Foto: dpa /fw