In der Wirtschaft ist der Einsatz von Zeitarbeitern und Beschäftigten mit einem Werkvertrag längst der Normalfall. Sie ermöglichen Unternehmen, sich flexibel an die Marktsituation anzupassen. Seit rund 15 Jahren gibt es im deutschen Gesundheitswesen auch immer mehr Honorarärzte, die hauptsächlich aufgrund von Belegungsschwankungen, ihren besonderen fachlichen Qualifikationen und bei Besetzungsschwierigkeiten zum Einsatz kommen. Honorarärzte sind Fachärztinnen und Fachärzte, die in medizinischen Einrichtungen zeitlich befristet und freiberuflich auf Honorarbasis tätig sind. Die Fachärzte können im ambulanten oder stationären Bereich eines Krankenhauses arbeiten, ohne bei diesem angestellt oder als Beleg- oder Konsiliararzt tätig zu sein. Das Honorar wird dabei unabhängig von der Gebührenordnung mit dem Krankenhausträger ausgehandelt. Hauptkriterium ist Freiberuflichkeit. Zwei von drei Krankenhäuser in Deutschland beschäftigen inzwischen Honorarärzte.
Der Bundesverband der Honorarärzte (BV-H e.V.) schätzt, dass zwischen 1.500 und 6.000 Honorarärzte in Deutschland tätig sind. Allein die große Bandbreite verdeutlicht, dass diese Berufsgruppe nur schwer greifbar ist. Vorsitzender des Bundesverbandes ist Dr. Nicolai Schäfer aus Berlin, der selbst als Honorararzt in den Bereichen Anästhesie, Intensivmedizin und Rettungsdienst tätig ist. Sowohl in seinem Vortrag auf dem Medizinrechtstag in Berlin als auch in seinem Buch “Honorararzt – Flexibilität und Freiberuflichkeit” weist Schäfer immer wieder auf die Gefahren der Scheinselbstständigkeit eines Honorararztes hin.
“Eine Ursache für die Verunsicherung der Honorarärzte ist die unterschiedliche Rechtssprechung der Arbeits- und Sozialgerichte in Sachen Selbstständigkeit”, betont Schäfer. “Rechtssicherheit kann nur im Zusammenspiel zwischen Honorarärzten und Auftraggebern erreicht werden. Nur wenn der Honorararzt sich als selbständige Persönlichkeit begreift und so verhält, der Vertrag gewissenhaft verfasst wurde und die Ausgestaltung vor Ort entsprechende Freiheitsgrade aufweist, kann man von einer echten selbständigen Tätigkeit ausgehen.” Arzt und Auftraggeber sollten sich über die Ausgestaltung ihrer Zusammenarbeit bereits im Vorfeld im Klaren sein.
Während Arbeitsgerichte in einer Vielzahl von Urteilen zu dem Schluss gelangen, dass die Tätigkeit eines Honorararztes in einer Klinik eine selbstständige Tätigkeit darstellt, sehen die Sozialgerichte das häufig anders. Die klassischen Kriterien einer selbstständigen Tätigkeit wie ein eigenes Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie eine im wesentlichen freigestellte Tätigkeit und Arbeitszeit legen die Gerichte unterschiedlich aus. Für die Beurteilung der Selbstständigkeit entscheidend sind vor allem der Umfang der Eingliederung in den betrieblichen Ablauf und der Grad der Weisungsgebundenheit. Dies zu beurteilen ist allein schon deshalb schwierig, weil es im Arbeitsalltag der Honorarärzte erhebliche Unterschiede gibt. In der Regel zeichnet einen Honorararzt aus, dass er frei entscheiden kann, wann, wo und wieviel er arbeitet.
Der BV-H definiert einen Honorarvertretungsarzt als jemanden, der vor allem bei akutem Personalmangel für wenige Tage oder Wochen in einer gesundheitlichen Einrichtung tätig wird. Ein Honorarkonsiliararzt erbringt auf Einzelanforderung vor allem beratende Leistungen – beispielsweise, wenn eine besondere fachliche Diagnose gefragt ist. Ein Honorarbelegarzt führt zwar eigene Betten in einem Krankenhaus, kann diese aber nicht mit dem Patienten oder dem Kostenträger direkt abrechnen. Vertragspartner ist das Krankenhaus. Honorarkooperationsärzte sind typischerweise spezialisierte Operateure, die in einer Klinik tätig werden.
In den USA und Großbritannien gehören Honorarärzte schon lange zum Krankenhausalltag. Das mittlere Alter der Honorarärzte in Deutschland liegt einer Umfrage zufolge mit 47,9 Jahren deutlich über dem mittleren Alter der Krankenhausärzte von rund 43 Jahren. Besonders häufig sind Ärzte der Anästhesiologie, Allgemeinmedizin, Internisten und Gynäkologen als Honorarärzte tätig. Fast 40 Prozent hatten eine leitende Funktion als Chefarzt oder Oberarzt inne.
Wie in anderen Branchen auch, laufen Honorarärzte immer dann Gefahr als scheinselbstständig zu gelten, wenn sie regelmäßig und dauerhaft ausschließlich für einen Auftraggeber tätig sind und weisungsgebunden handeln. Auch eine frühere sozialversicherungspflichtige Anstellung bei einem Auftraggeber und fehlendes unternehmerisches Handeln lassen die Sozialversicherungsträger aufhorchen.
Wird eine Scheinselbstständigkeit festgestellt, bestehen die Sozialversicherungen, auf einer Nachzahlung der Versicherungsbeiträge. Das ist bis zu vier Jahren rückwirkend möglich, kann für den Auftraggeber also teuer werden. Haftbar dafür ist aber allein der Auftraggeber, nicht der Arzt, wenngleich der Auftraggeber den Auftragnehmer für bis zu drei Monate in Regress nehmen kann.
Der Bundesverband der Honorarärzte gibt Tipps, wie man sich als Honorararzt vor Scheinselbstständigkeit schützen kann:
Die Nennung, die Aufführung in einem Dienstplan stellt kein Problem dar, solange der Dienstplan das Ergebnis von individuellen und dokumentierten Verhandlungen ist.
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