Die Diagnose Hodenkrebs war für Radprofi Ivan Basso ein Schock. Doch die Heilungschancen bei dieser Erkrankung sind nach Aussagen des Urologen Prof. Klaus-Peter Dieckmann “insgesamt exzellent”. Im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur erklärt die Ursachen und erläutert die Behandlungsmethoden.
Antwort: Nein, überhaupt nicht. Fahrradfahren hat definitiv nichts mit Hodenkrebs zu tun. Allerdings zeigt das Beispiel Ivan Basso: Bei Radfahrern herrscht mit der Sturz- und Verletzungsgefahr eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass ein bestehender Hodenkrebs überhaupt erst auffällt. Der Zusammenhang zwischen Radfahren und Hodenkrebs ist ansonsten eher umgekehrt: Sport ist generell ein protektiver Faktor, schützt also vor Krebs.
Antwort: Er tritt gehäuft in denselben Familien auf – hatte der Vater Hodenkrebs, liegt das Risiko vier- bis sechsmal so hoch; beim Bruder bereits sechs- bis zehnmal. Ein erhöhtes Risiko haben besonders Männer mit einer Fehllage des Hodens: Bei einem angeborenen Hodenhochstand ist der Hoden nicht in den Hodensack gewandert, sondern in der Leiste hängengeblieben. Zudem haben Hodenkrebs und Unfruchtbarkeit ähnliche Ursachen. Ein vierter Risikofaktor ist die Größe: Männer über 1,95 Meter haben ein leicht erhöhtes Risiko, an Hodenkrebs zu erkranken. Wir vermuten, dass das an einer kalorienreichen Ernährung im frühkindlichen Alter liegt.
Antwort: Insgesamt gibt es in Deutschland jährlich etwa 4000 Fälle von Hodenkrebs. Damit liegt Hodenkrebs unter allen Krebsarten nur an elfter Stelle – Prostatakrebs ist im Mittel der häufigste Krebs. Anders sieht es allerdings in der Gruppe der 20- bis 40-Jährigen aus: Hier ist Hodenkrebs die mit Abstand häufigste Krebsart. Denn Hodenkrebs hängt weniger mit dem Lifestyle als mit der erblichen Vorbelastung zusammen. Vorstufen von Hodenkrebs bilden sich wahrscheinlich bereits im Embryohoden und brechen dann meist nach Abschluss der Pubertät aus.
Antwort: Auch wenn die Prognosen stark mit dem Entwicklungsstadium des Tumors variieren, sind die Heilungschancen insgesamt exzellent: In über 95 Prozent der Fälle kann der Patient geheilt werden. Nur wenn die Metastasen schon sehr weit fortgeschritten sind, gibt es manchmal keine Rettung mehr. Nach einer Diagnose wird der gesamte Hoden zunächst operativ entfernt, ansonsten müssen weitere Metastasen in einer Chemotherapie zerstört werden. Nur in sehr seltenen Ausnahmefällen kann organerhaltend operiert werden. Da sich gerade junge Männer besonders in Sicherheit wiegen und selten zu Vorsorgeuntersuchungen gehen, sind sie bei einer Diagnose zumeist wie vom Blitz getroffen: Wie konnte mir das nur passieren?
ZUR PERSON: Professor Dr. Klaus-Peter Dieckmann, geboren 1950 in Bremen, ist seit 1993 Chefarzt der Urologie am Albertinen-Krankenhaus in Hamburg. Sein klinischer Schwerpunkt ist die Krebsbehandlung bei urologischen Tumoren.
Text: dpa /fw
Foto: Albertinen-Krankenhaus/dpa