Seit Beginn der Epidemie hat HIV in Berlin nach Schätzungen fast 5.000 Menschen das Leben gekostet. Die Bekämpfung schreite voran, heißt es oft. An manchen Stellen gibt es aber noch Potenziale.
Bei einem Teil der HIV-positiven Menschen in Berlin wird das Virus erst mehrere Jahre nach der Infektion entdeckt. Von insgesamt 370 Erstdiagnosen im vergangenen Jahr lag bei 110 PatientInnen ein fortgeschrittener Immundefekt und bei 50 Aids vor, wie das Robert Koch-Institut (RKI) schätzte. Zum Welt-Aids-Tag erklärte Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD), Menschen ließen sich aus Angst vor Stigmatisierung und privater wie beruflicher Diskriminierung nicht testen. Damit müsse Schluss sein.
Das Land Berlin starte daher demnächst eine Kampagne gegen die Diskriminierung HIV-infizierter Menschen, kündigte die Politikerin an. Sie betonte "erfreuliche Ergebnisse": Inzwischen wüssten 90% der Infizierten von ihrem positiven Status. Die allermeisten von ihnen seien in Behandlung und fast immer schlage diese auch an. "Das Ziel bleibt aber, Aids endgültig zu besiegen!", so Kalayci.
Seit Beginn der Epidemie werden nach RKI-Schätzung in Berlin 4.700 Todesfälle bei Infizierten angenommen, davon 35 im vergangenen Jahr. 15.000 Menschen mit HIV oder Aids leben demnach in der Stadt, der Großteil davon Männer.
"Mit HIV kann man heute bei rechtzeitiger Diagnose leben wie alle anderen Menschen", bekräftigte die Deutsche Aidshilfe vor Kurzem. In den vergangenen Jahren hat sich bei dem Thema viel getan: So sind etwa HIV-Tests für Zuhause verfügbar. Auch die vorbeugende Einnahme eines Medikaments (Präexpositionsprophylaxe; PrEP) zum Schutz vor der Infektion ist möglich.
Berlin ist im Verhältnis zur Einwohnerzahl nach RKI-Daten das Land mit den meisten HIV-Diagnosen bundesweit. Die Zahl ist in den vergangenen Jahren allerdings etwas zurückgegangen. Während sich immer weniger homo- und bisexuelle Männer infizierten, sei jedoch die Tendenz bei Menschen mit injizierendem Drogengebrauch derzeit leicht steigend.
Mit einem Projekt ab 2020 will die Berliner Aidshilfe Menschen mit osteuropäischem Migrationshintergrund einen besseren Zugang zu Tests auf HIV, Hepatitis C und andere sexuell übertragbare Infektionen ermöglichen, wie die Organisation mitteilte. In den oft geschlossenen Gruppen fehle es an Wissen etwa über HIV und Übertragungswege. Über MitarbeiterInnen, welche die jeweiligen Sprachen sprechen, wolle man Menschen aus den Communitys erreichen, erklärte ein Sprecher.
Zum Welt-Aids-Tag am 1. Dezember schaltete die Humboldt-Universität unter anderem ein Online-Archiv zum Thema frei, das bis zum Jahresende noch erweitert werden soll. Enthalten seien zum Beispiel Berichte von Menschen, die mit HIV oder Aids leben. Die Seite biete "Einblicke in die komplexe Geschichte des europaweiten Kampfes gegen die Epidemie", hieß es.