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Hausstaubmilbenallergie – was gibt es Neues?

Als "Erstlinien"-Intervention sind atmungsaktive Bettüberzüge sowie das regelmässige Waschen der Bettbezüge hochgradig effektiv, um Hausstaubmilben-Allergene im Bett zu reduzieren. Luft-Filtration hätte demgegenüber keine relevante Wirkung.

Als "Erstlinien"-Intervention sind atmungsaktive Bettüberzüge sowie das regelmässige Waschen der Bettbezüge hochgradig effektiv, um Hausstaubmilben-Allergene im Bett zu reduzieren.

Beim Begriff "Immuntherapie" fühlen sich derzeit sowohl die Dermato-Onkologen als auch die Allergologen angesprochen. Freilich haben die Wirkungswege der entsprechenden Therapien aus den beiden Disziplinen nichts miteinander zu tun, doch sorgt die "Immuntherapie" sowohl in der Onkologie als auch in der Allergologie immer wieder für Aufmerksamkeit.

So wurde beispielsweise letzten Herbst erstmals eine sublinguale Form der Immuntherapie für die Hausstaubmilbenallergie zugelassen. Gerade bei Kindern können ausserdem gemäss einem aktuellen Report der amerikanischen pädiatrischen Akademie auch expositionsprophylaktische Massnahmen wirksam sein.

Die Hausstaubmilbe, eine zu den Spinnentieren zählende Milbengattung, die gerne in feuchter Umgebung lebt, gehört zu den weltweit häufigsten Ursachen für Allergien. Allergene der beiden wichtigsten Spezies Dermatophagoides farinae und ­Dermatophagoides pteronyssinus sind Der f 1 und Der p 1. Obwohl ähnlich verbreitet wie die Gräserpollen­allergie, wird die Hausstaubmilbenallergie deutlich weniger erkannt, was nicht zuletzt daran liegt, dass anfängliche Symptome wie z.B. morgendliches Niesen und eine verstopfte Nase von den Betroffenen selbst nicht richtig eingeordnet werden.

Die möglichen Krankheitszeichen an Nase, Lunge und Augen verstärken sich während der Heizperiode, finden sich im Allgemeinen aber ganzjährig (Tab. 1). Die ungenügende Aufklärung und damit verbundene späte Diagnosestellung (oft verstreichen mehrere Jahre) bedingen eine hohe Konversionsrate zu allergischem Asthma (Etagenwechsel). Die Betroffenen erhalten häufig erst dann eine Diagnose, wenn sich die Symptome bereits entscheidend verschlechtert haben.

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Dies obwohl eine frühe Diagnose für die Therapie entscheidend wäre. Im Vergleich zur Pollenallergie werden deutlich weniger Hausstaubmilbenallergiker spezifisch behandelt. Die allergische Ursache der Erkrankung wird nicht erkannt oder nur symptomatisch therapiert (wobei in vielen Fällen mittelschwere Symptome dauerhaft bestehen bleiben mit entsprechenden Auswirkungen auf die Lebensqualität). Bei unzureichender Behandlung droht die Exazerbation mit der Folge eines allergischen Asthmas.

Spezifische Behandlungsoptionen – neue Darreichungsform zugelassen

Die spezifische Immuntherapie (SIT) ist in diesem Zusammenhang der einzige ursächliche Ansatz. Er basiert auf der (klinisch überwachten) Gabe allergener Proteine. Durch eine SIT kann eine Toleranz gegenüber Allergenen erreicht werden. Zusätzlich lässt sich die Entwicklung von Neusensibilisierungen und Asthma bronchiale verhindern.

Ganz grundsätzlich ist eine SIT bei Patienten mit saisonaler und perennialer Rhinokonjunktivitis allergica (Pollen, Hausstaubmilben, evtl. Tierepithelien) und allergischem Asthma bronchiale indiziert, falls die Symptome trotz medikamentöser Therapie mit z.B. topischen Steroiden sowie topischen und systemischen Antihistaminika und expositionsprophylaktischen Massnahmen nicht beherrschbar sind (oder sofern Kontraindikationen oder Abneigungen gegen die Einnahme entsprechender Medikamente vorliegen).

Zur Durchführung einer SIT stehen subkutane (SCIT) und sublinguale (SLIT) Präparate zur Verfügung. Während bei der Gräserpollenallergie schon länger eine sublinguale Form zugelassen ist, beschränkte sich die entsprechende Therapie bei Hausstaubmilbenallergie bis Ende 2016 noch auf die subkutane Gabe. Dies kann mit einer erhöhten Hemmschwelle für den Patienten einhergehen. Seit November 2016 ist nun auch hier eine selbstständig einnehmbare, sublinguale Form namens Acarizax® erhältlich.

Zugelassen ist der standardisierte Allergenextrakt aus Hausstaubmilben für erwachsene Patienten (18–65 Jahre) zur Behandlung einer mittelschweren bis schweren allergischen Rhinitis, sofern kumulativ die drei folgenden Bedingungen erfüllt sind: Aufgrund der Anamnese werden die Beschwerden durch Hausstaubmilben-Exposition ausgelöst und unterhalten, es gibt einen positiven Nachweis einer Sensibilisierung auf Hausstaubmilben (Prick-Test und/oder spezifisches IgE) und die Beschwerden können trotz einer symptomlindernden Therapie nicht ausreichend kontrolliert werden [1].

Interventionen zur Expositionsprophylaxe

Nebst der symptomatischen Pharmakotherapie und der Immuntherapie bildet die Allergenkarenz bzw. -elimination den dritten Pfeiler der Behandlung von allergischen Krankheiten. Auch hier gibt es Neuigkeiten bzw. genauer einen aktuellen Katalog an Tipps von US-amerikanischen Pädiatern, wie man Allergene in Innenräumen reduzieren kann – zusammengefasst in einem jüngst erschienenen Report im Journal Pediatrics[2].

Der Fokus liegt hierbei auf der sog. Tertiärprävention, d.h. es soll verhindert werden, dass junge Patienten mit bereits manifestem Asthma durch den Kontakt mit bestimmten Allergenen oder Schadstoffen eine Verschlechterung der Symptome oder des Langzeitverlaufs erfahren (zur Primärprävention von Allergie und Asthma erschien vor ca. zwei Jahren eine umfassende aktualisierte Bestandesaufnahme in Form einer S3-Leitlinie [3]).

Hausstaubmilben-Allergene wurden wiederholt mit einer Verschlechterung eines Asthmas bei Kindern mit einer Hausstaubmilbensensibilisierung in Verbindung gebracht. Umgekehrt konnte durch die Reduktion der Allergene in verschiedenen Studien eine entsprechende Verbesserung gezeigt werden [4–7]. Ganz eindeutig ist die Studienlage zwar nicht. Für die ca. 30–62% der Kinder mit persistierendem Asthma, die eine Sensibilisierung auf Hausstaubmilben-Allergene aufweisen, ist es allemal ein möglicher Ansatzpunkt.

Entscheidend ist, dass die Allergene und die Exposition durch die Massnahmen auch wirklich reduziert werden und die Betroffenen tatsächlich an einer Hausstaubmilbenallergie leiden. Nur dann zeigt sich ein entsprechender Effekt auf das Asthma, wie die jüngste Meta-Analyse zum Thema bewies [8]: Von 15 Studien bei Hausstaubmilben-sensibilisierten Kindern, die als Intervention einen Bettüberzug vorsahen, massen 14 die Allergen-Exposition und fanden sieben eine mindestens 80-prozentige Reduktion. Davon konnten immerhin fünf Studien in der Interventionsgruppe eine Verbesserung des Asthmas festhalten.

Wie immer spielt ausserdem die Studienqualität eine entscheidende Rolle. Im obigen Review gab es dafür harte Kritik von den Cochrane-Autoren. Freilich ist die Anlage, Standardisierung und Kontrolle der Versuchsbedingungen bei solchen Interventionen eine Herausforderung.

Welche Interventionen gibt es überhaupt?

Während die Haustier-Exposition relativ leicht bereits aus der Anamnese zu erschliessen ist, gilt dies für die von Auge unsichtbaren Hausstaubmilben nicht. Teilweise kann das erfragte Innenraumklima für eine derartige Schlussfolgerung herangezogen werden (warm und feucht, zudem findet man in Räumen mit Schimmelpilzbefall vermehrt Milben).

Zur tatsächlichen Messung der Exposition zu Hause gibt es verschiedene Testsysteme und Messverfahren, darunter auch kommerziell erhältliche Messkits zur Selbstmessung. Zusammen mit der Messung allergenspezifischer IgE-Antikörper im Serum oder der Durchführung eines Allergie-Hauttests ergibt sich ein wertvolles Gesamtbild.

Bei Nachweis einer erhöhten Exposition kommen Strategien zum Zug, die entweder auf einer Entfernung der Milben selbst oder aber der Allergene fokussieren, d.h.:

Letztgenannte Massnahmen sind mühsam und erwiesen sich als wenig effektiv. Zudem ergeben sich aus der Verwendung von Chemikalien und Pestiziden in einem Innenraum gewisse Risiken (was bei sachgemässer Anwendung zwar weniger relevant ist, doch in die Überlegung miteinbezogen werden sollte). Die Reduktion der Luftfeuchtigkeit ist schwierig zu erreichen und die Entfernung eines integrierten Teppichbodens kann schon einmal teuer werden (auch hier ist der Benefit ausserdem unklar).

Deshalb empfehlen die Autoren hauptsächlich das «encasing» des Betts sowie das regelmässige Waschen der Bettbezüge. Als "Erstlinien"-Intervention seien diese Massnahmen hochgradig effektiv, um Hausstaubmilben-Allergene im Bett zu reduzieren (schliesslich ernähren sich die Tiere hauptsächlich von Hautschuppen, die im Bett besonders zahlreich vorhanden sind). Luft-Filtration hätte demgegenüber keine relevante Wirkung.

Literatur:
  1. Fachinformation zu Acarizax®, siehe swissmedicinfo.ch
  2. Matsui EC, et al.: Indoor Environmental Control Practices and Asthma Management. Pediatrics 2016; 138(5).
  3. Schäfer T, et al.: S3-Leitlinie Allergieprävention – Update 2014. www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/061-016l_S3_Allergiepr%C3%A4vention...
  4. Gruchalla RS, et al.: Inner City Asthma Study: relationships among sensitivity, allergen exposure, and asthma morbidity. J Allergy Clin Immunol 2005 Mar; 115(3): 478–485.
  5. Morgan WJ, et al.: Results of a home-based environmental intervention among urban children with asthma. N Engl J Med 2004 Sep 9; 351(11): 1068–1080.
  6. Carswell F, et al.: The respiratory effects of reduction of mite allergen in the bedrooms of asthmatic children – a double-blind controlled trial. Clin Exp Allergy 1996 Apr; 26(4): 386–396.
  7. Halken S, et al.: Effect of mattress and pillow encasings on children with asthma and house dust mite allergy. J Allergy Clin Immunol 2003 Jan; 111(1): 169–176.
  8. Gøtzsche PC, Johansen HK: House dust mite control measures for asthma. Cochrane Database Syst Rev 2008 Apr 16; (2): CD001187.

Erstveröffentlichung auf medizinonline.ch