Erstmals konnten Forscher einen Nachweis erbringen, wie Gene in Influenza-A-Viren an- und abgeschaltet werden. Das Muster ähnelt dem epigenetischen Code bei Menschen und bietet einen potenziellen Angriffspunkt für neue Therapien. Die Ergebnisse wurden in Nature Communications veröffentlicht.
In menschlichen Zellen ist das Erbgut um spezielle Histon-Proteine gewickelt. Durch Veränderungen an diesen Histonen können gezielt Gene an- oder abgeschaltet werden. Anders als das Erbgut lassen sich diese Histon-Veränderungen durch Medikamente verändern. Nun zeigt ein Forscherteam des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Freiburg gemeinsam mit intnernationalen Kollegen im Fachmagazin Nature Communications, dass es einen solchen Histon-ähnlichen Code zur Regulierung des Lesemusters auch bei Viren gibt. Damit erhoffen sich die Forscher, in Zukunft die Vermehrung der Influenza-A-Viren gezielt hemmen und damit schwere Verläufe der Virusinfektion abwenden zu können.
"Wir haben gezeigt, dass es einen umfassenden Code gibt, der unter anderem das Ablesen des Virus-Erbguts steuert. Das ist ein entscheidender Schritt hin zu neuen therapeutischen Ansätzen", sagt Prof. Dr. Martin Schwemmle, Forschungsgruppenleiter am Institut für Virologie des Universitätsklinikums Freiburg und Leiter der Studie. Den Forschern aus Deutschland, der Schweiz, den USA und China ist es bereits gelungen, durch Veränderungen des Ablesemusters das Virus an seiner Vermehrung zu hindern. Allerdings waren diese Veränderungen dauerhaft und nicht für eine Therapie geeignet. "Als nächstes müssen wir entschlüsseln, wie unter natürlichen Bedingungen das Lesemuster des Virus-Erbguts verändert wird. Dann gelingt es uns vielleicht, hier einzugreifen und so das Virus zu stoppen", ergänzt Prof. Schwemmle.
Um das Lesemuster des Influenza-A-Erbguts zu verändern, werden an die Verpackungsproteine – sogenannte virale Nukleoproteine (NP) – Acetylreste angehängt. Um die Bedeutung dieser Acetylierung zu untersuchen, erzeugten die Freiburger Forscher Virus-Typen, die entweder eine dauerhafte Acetylierung oder Nicht-Acetylierung an bestimmten Positionen vortäuschten. Hierbei zeigte sich, dass abhängig von der jeweiligen Position der erzwungenen Veränderung unterschiedliche Schritte im viralen Replikationszyklus blockiert werden.
"Für eine genaue Aussage über das Zusammenspiel der verschiedenen Veränderungen an den Nukleoproteinen, einschließlich der Acetylierung, ist es allerdings noch zu früh", sagt Prof. Schwemmle. Nur eine vollständige Entschlüsselung des Nukleoprotein-Codes wird die Bedeutung dieser Veränderungen für die Vermehrung von Influenza-A-Viren aufzeigen.