Wir knüpfen kurz an den letzten Beitrag an, in dem es um die Prävention der akuten Exazerbation bei COPD ging. Ganz oben auf der Liste evidenzbasierter Maßnahmen steht da die jährliche Grippeimpfung. Eine Cochrane-Analyse (die übrigens schon zehn Jahre alt ist) hat die Evidenz dafür geprüft und bestätigt. In jüngerer Zeit hat sich das Experten-Netzwerk auch kritisch zur Influenza-Impfung geäußert, aber nicht im Kontext von Hochrisiko-Patienten wie solchen mit COPD.
Die Geriaterin Janet McElhaney von der Univerity of Conneticut (USA) befürwortet die alljährliche Impfung jedenfalls „zu 100%“. Ihr zufolge existieren Daten, die nach wiederholten Impfungen einen besseren Schutz als nach der erstmaligen Vakzinierung zeigen. Aufgrund der Immunseneszenz wird bei den betagten Patienten nur noch eine Schutzrate von 30–40% erzielt statt der 70–90% bei den jüngeren Erwachsenen.
Zur Abschätzung der Prognose älterer Influenzakranker eignet sich der Frailty Index. Die Komorbiditäten sind als Risikofaktor bedeutsamer als das Alter in Lebensjahren.
Für die hohe Komplikationsrate der Influenza bei älteren Menschen macht die Ärztin eine Unterdiagnostik mitverantwortlich. Die im Alter häufigeren atypischen Verläufe – z.B. nur lokale Symptome ohne Fieber – erschweren die Diagnosestellung. Dabei kann das Risiko von akutem Lungenversagen (ARDS) und Tod durch eine frühzeitige antivirale Therapie gemindert werden, wie die Ergebnisse einer retrospektiven Studie zeigen. Die virostatische Behandlung ist dafür allerdings in den ersten beiden Krankheitstagen zu beginnen.
Wenn möglich, sollten die Patienten im Oktober oder November geimpft werden. Damit kann laut McElhaney auch noch im März ein ausreichender Antikörper-Schutz gewährleistet werden. Mehr als einmal pro Saison zu impfen, ist dagegen kontraproduktiv und beeinträchtigt vor allem die zelluläre Immunabwehr.
Referenz:
McElhaney J. Protecting high-risk individuals against flu. Symposium: Influenza and respiratory physicians. ERS (European Respiratory Society) International Congress. London, 5 September 2016.