Welche Faktoren verhindern gute Immunreaktionen auf saisonale Grippeimpfungen bei älteren Menschen? Warum halten Anti-Influenza-Antikörper in manchen Personen länger nach einer erfolgreichen Impfung an als bei anderen? Antworten auf unter anderem diese Fragen, kommen jetzt von der Emory University in Atlanta, USA.
Gemeinsam mit Systems Biology hat man hier ein neues System zur biologischen Analyse von Blutproben entwickelt, mit dessen Hilfe die Proben von mehr als 400 Freiwilligen, die eine saisonale Grippeimpfung erhalten haben, untersucht wurden. Angeführt von Bali Pulendran, verfolgte und analysierte eine Gruppe von Forschern die Genexpressionsmuster, bekannt als molekulare Signaturen, verschiedener Immunzellen der Freiwilligen während ihrer Immunantworten auf die Impfung. Die Untersuchungen wurden in fünf aufeinander folgenden Grippesaisons in den Jahren von 2007 bis 2011 durchgeführt.
Die Ergebnisse der Arbeit (DOI: org/10.1016/j.immuni.2015.11.012) wurden als Online-Publikation auf Immunity im Dezember diesen Jahres veröffentlicht.
In früheren Arbeiten ist es Dr. Pulendran, Professor für Pathologie und Labormedizin an der Emory University School of Medicine, und seinen wissenschaftlichen Mitarbeitern bereits gelungen, molekulare Signaturen in Blutzellen wenige Tage nach einer Impfung zu definieren und zu kategorisieren. Diese molekularen Signaturen können, so fand man heraus, die Stärke einer Immunantwort bis auf mehrere Wochen nach dem Impfereignis vorhersagen.
Bis zum Zeitpunkt der Studie konnte keiner genau sagen, ob diese Signaturen über verschiedene Populationen und Grippesaisons hinweg ähnlich sind, oder ob sie sich von Mensch zu Mensch und Jahr zu Jahr unterscheiden. Die neusten Erkenntnisse deuten nun darauf hin, dass es tatsächlich konservierte Elemente in den Signaturen gibt, welche bei jungen und alten Menschen über mehrere Jahreszeiten hinweg gleich bleiben.
Auch ist es den Wissenschaftlern gelungen, eine bestimmte molekulare Signatur zu identifizieren, die nur bei jenen Probanden zu finden war, deren Antikörpertiter noch Monate nach der Impfung vergleichsweise hoch waren. Hier scheint ein Zusammenhang zwischen Langlebigkeit der Antikörper und der molekularen Signatur zu bestehen. Eine Entdeckung, die zukünftig entscheidend zu der Entwicklung von länger wirksamen Impfstoffen beitragen könnte.
Puledrans Labor kollaborierte im Rahmen der Arbeit mit dem Sysytems Biology Experten und Co-Senior Autoren der Studie, Shankar Subramaniam, PhD, sowie mit Kollegen der University of California in San Diego (UCSD). Gemeinsam analysierten sie sowohl die humanen Proben aus der Hope-Klinik des Emory-Impfstoff-Centers, als auch die Daten einer früheren Untersuchung an der Baylor University. Die ersten Co-Autoren des Papers sind Helder Nakaya, PhD, eine Assistenzprofessorin der School of Pharmaceutical Science an der Universität von São Paulo und UCSD Doktorand Thomas Hagan.
Während die Forscher allgemein feststellten, dass Menschen, die älter als 65 Jahre alt sind, eine tendenziell schwächere Antikörperantwort auf Impfungen zeigten, fanden sie dennoch bestimmte Elemente molekularer Signaturen, die mit signifikant stärkeren Antikörperantworten bei sowohl alten als auch jungen Probanden assoziiert waren.
Jedoch scheinen ältere Individuen dazu zu neigen, prägnantere Signaturen bei Immunzellen (Monozyten und “natürliche Killerzellen”) zu haben, die eigentlich nicht direkt an der Herstellung von Antikörpern beteiligt sind. Das Muster bestätigte sich sowohl zum Zeitpunkt der Basislinie als auch nach der Impfung. Dieser Umstand deutet auf eine mögliche Verbindung zwischen dem Ausgangszustand des Immunsystems und der eingeschränkten Reaktionsfähigkeit nach einer Impfung bei älteren Menschen hin.
Darüber hinaus bemerkten die Forscher bei der Mehrheit der jungen und alten Freiwilligen, einen deutlichen Rückgang der Antikörper binnen sechs Monaten nach der Impfung. Wie stark der Antikörperverlust letztendlich ausfällt, scheint jedoch von Mensch zu Mensch stark zu variieren.
Überraschenderweise korrelierten die Signaturen, welche eine Vorhersage zu den Antikörperantworten nach vier Wochen erlaubten, jedoch nicht mit der Langlebigkeit und somit dem Vorhandensein von Antikörpern nach sechs sowie zwölf Monaten nach der Impfung, erklärt Pulendran. Viel mehr fanden sie eine eigene, andere Signatur, die direkt mit der Langlebigkeit der Antikörper korrelierte.
In den Wochen nach dem Höhepunkt der Immunantwort auf einen Impfstoff, sterben die meisten antikörperproduzierenden Zellen aus dem Blut ab. Wenigen von ihnen gelingt es jedoch, ein dauerhaftes Zuhause im Knochenmark zu finden und ein frühes Aussterben der Zellart so zu verhindern. Die Langlebigkeits-Signatur scheint mit genau diesem Prozess im Zusammenhang zu stehen, vermutet Dr. Pulendran.
Gegenwertig prüft die Arbeitsgruppe, ob die Ergebnisse der Studie auch auf andere Impfstoffe übertragbar sind. Auf diesem Wege will man herausfinden, ob die gefundenen Signaturen der Influenzaimpfung auch voraussagen können, wie das Immunsystem auf andere Impfstoffe reagiert. Sollte sich diese Übertragbarkeit tatsächlich bestätigen, möchte man zukünftige Forschung initiieren, um einen universellen Biomarker für Antikörperantworten auf Impfungen zu identifizieren.