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Für kranke Kinder soll der Zugang zu Rehas leichter werden

Zehntausende chronisch oder psychosomatisch kranke Kinder brauchten aus Sicht von Experten eigentlich eine Reha. Doch nur ein kleiner Teil von ihnen bekommt bislang auch einen Platz. Ein neues Gesetz könnte das ändern.

Zehntausende chronisch oder psychosomatisch kranke Kinder brauchten aus Sicht von Experten eigentlich eine Reha. Doch nur ein kleiner Teil von ihnen bekommt bislang auch einen Platz. Ein neues Gesetz könnte das ändern.

Ganz am Anfang kämpft Bella, die eigentlich anders heißt, gegen die Magersucht. Als eine Ärztin ihr erzählt, welche körperlichen Folgen die Krankheit haben kann, treibt die Angst davor die Jugendliche ins andere Extrem: Die 15-Jährige bekommt regelrechte "Fressanfälle", wie sie es nennt, und nimmt innerhalb weniger Monate fast 20 Kilo zu. "Ich fühle mich in meinem Körper nicht mehr wohl", sagt Bella. In einer sechswöchigen Reha in den Waldburg-Zeil Kliniken in Wangen (Kreis Ravensburg) lernt die Jugendliche nun, sich wieder ein normales Essverhalten anzugewöhnen. Doch was passiert nach den sechs Wochen, wenn sie zurück muss in den Alltag?

Ironischerweise könnte ausgerechnet ein Rentengesetz Bella bei der Suche nach langfristiger Unterstützung helfen: Das Mitte Dezember in Kraft getretene Flexirentengesetz stärke im Abschnitt Rehabilitation die Kinder- und Jugendreha entscheidend, sagt Klinikleiter Alwin Baumann. Das Krankenhaus in Wangen bietet Rehabilitations-Maßnahmen für Kinder mit Atemwegserkrankungen, Allergien und psychosomatischen Beschwerden. Durch das Gesetz würden diese Rehas zur Pflichtleistung bei der Deutschen Rentenversicherung, sagt Baumann.

In der Folge werde es für Kinder zum einen leichter, überhaupt einen Platz zu bekommen. Außerdem sollen ambulante Maßnahmen angeboten werden, die die Kinder zuhause in Anspruch nehmen könnten - ebenso wie eine stärkere Nachsorge.

Der Bedarf an solchen Therapiemaßnahmen sei hoch, sagen die Experten. Nach einer Studie des Robert Koch-Instituts haben etwa 16 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland ein lang dauerndes, chronisches Gesundheitsproblem. Bei jedem fünften Kind zwischen 3 und 17 Jahren könnten zudem Hinweise auf psychische Störungen festgestellt werden, heißt es bei dem Institut.

Allein im Südwesten würden pro Jahr rund 3500 Rehas für Kinder und Jugendliche durchgeführt, sagt die Direktorin der Deutschen Rentenversicherung in Baden-Württemberg, Elisabeth Benöhr. Gestellt würden aber rund 4400 Anträge - und die Zahl der Kinder, die Bedarf hätten, läge noch höher. In ganz Deutschland gebe es jährlich rund 37 000 Kinder-Rehas, durch das Flexirentengesetz könnten die Anträge dafür noch einmal um rund 7000 steigen. Das Bundesarbeitsministerium rechne dadurch mit jährlichen Mehrkosten von rund 30 Millionen Euro, sagt Baumann.

Vor allem die Nachsorge sei ein wichtiger Punkt, sagt Klinik-Chefarzt Dirk Damman. "Die Idee, dass wir in ein paar Wochen Reha alles abgehakt bekommen, stimmt nicht. Wir können nur die Weichen stellen und den Kindern beibringen, Chef für sich selbst zu werden."

Auch Bella wünscht sich eine längere Begleitung. "Mir fehlt oft die Motivation zum Sport. Da wäre es schon gut, wenn mir jemand hilft." Ähnlich geht es der 14 Jahre alten Lilly, die unter anderem wegen Asthma und Neurodermitis in Wangen ist. "Ich will lernen, mehr Selbstbewusstsein zu bekommen, damit ich mich zu Hause nicht ausgeschlossen fühle, wenn ich nicht bei allem mitmachen kann." Auch sie wünscht sich eine Anlaufstelle zu Hause, nach der Reha: "Jemanden, zu dem man gehen kann, wenn man Fragen hat oder Hilfe braucht."