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Forschungsteam läutet Paradigmenwechsel bei TB-Behandlung ein

Im Kampf gegen die Tuberkulose ist die Forschung einen entscheidenden Schritt vorangekommen: Eine groß angelegte Analyse hat gezeigt, dass der Einsatz von Genomsequenzierungen die Behandlung von Tuberkulose-Erkrankten verbessern kann.

Genomsequenzierung ersetzt klassische Resistenztests

Im Kampf gegen die Tuberkulose ist das internationale Forscherteam des CRyPTIC-Konsortiums einen entscheidenden Schritt vorangekommen: Eine groß angelegte Analyse des Erbguts von über 10.000 Erregerstämmen hat gezeigt, dass der Einsatz von Genomsequenzierungen die Behandlung von Tuberkulose-Patienten verbessern kann. Mehr noch: Die Methode hat das Potenzial, die zeitintensive phänotypische Resistenztestung komplett zu ersetzen. Die Ergebnisse der von der Universität Oxford geleiteten Studie wurden in der aktuellen Ausgabe des New England Journal of Medicine veröffentlicht.

Die Tuberkulose (TB) ist die tödlichste Infektionskrankheit der Welt. Laut aktuellem Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erkrankten im letzten Jahr etwa 10 Millionen Menschen an einer TB und 1,6 Millionen Menschen starben an den Folgen der Erkrankung. 

Ein großes Problem bei der Behandlung der Tuberkulose ist das vermehrte Auftreten von multiresistenten (MDR-TB) Stämmen, die nicht mehr auf die bisher eingesetzten Standardmedikamente reagieren. Diese rechtzeitig zu diagnostizieren, ist entscheidend für eine erfolgreiche Therapie. Die klassische Resistenztestung, bei der die Bakterien in einem Antibiotika-haltigen Kulturmedium getestet werden, dauert derzeit mehrere Wochen. Zudem werden diese Tests in vielen Ländern mit hohen TB-Raten nicht eingesetzt, sodass viele Patienten die falsche Kombination von Medikamenten einnehmen und dadurch geringere Chancen auf Heilung und Überleben haben. Schnellere und praktikable Methoden der Resistenztestung werden dringend benötigt.

In der CRyPTIC Studie wurden nun über 10.000 bakterielle Genome aus 16 Ländern untersucht. Das Forschungszentrum Borstel (FZB), Leibniz Lungenzentrum, konnte Daten von mehr als 600 TB-Stämmen aus Deutschland, Afrika und Zentralasien beisteuern und war an der Auswertung der Daten beteiligt.

Genomanalyse soll auch in Referenzlaboren in Ländern mit hoher Inzidenz etabliert werden

Die Studie, die auch auf dem "High-Level Meeting on Ending TB" der UN-Generalversammlung am 26.09.2018 in New York annonciert wurde, zeigte, dass man aus Veränderungen im Erbgut der Erreger die Resistenzen gegen Erstrangmedikamente mit einer sehr hohen Präzision vorhersagen kann. Durch die Genomsequenzierung können die in der Therapie einzusetzenden Medikamente präzise und individuell ermittelt und Ressourcen bei der klassischen Resistenztestung eingespart werden. Die Forscher am FZB arbeiten zudem daran, die Genomanalyse in Referenzlaboren in Zentralasien und Afrika zu etablieren.

"Die Daten der Studie ermöglichen die Entwicklung von neuen Konzepten für die TB-Diagnostik. Zudem könnte die herkömmliche Resistenztestung von Standardmedikamenten bald durch genombasierte Verfahren ersetzt werden. Das ist ein Meilenstein und Paradigmenwechsel im Kampf gegen die MDR-TB", sagt Stefan Niemann, CRyPTIC Studienleiter am FZB und Koordinator des Bereichs Tuberkulose im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF).

Die Ergebnisse der Studie haben bereits dazu geführt, dass in England, den Niederlanden und dem Wadsworth Center for Public Health in New York der Einsatz von Bakterienkulturen für die Resistenztestung verringert und die Behandlung allein anhand der Ergebnisse der Genomsequenzierungen durchgeführt wurde. Auch in Deutschland laufen zurzeit Planungen am Robert-Koch-Institut und am FZB, die Eignung der Genomsequenzierung landesweit für Diagnostik und Surveillance in einer Pilotstudie zu evaluieren.

 "Für eine erfolgreiche Bekämpfung der multiresistenten Tuberkulose sind allerdings mehrere Bausteine notwendig; diese werden zurzeit im Leibniz Wissenschaftscampus 'Evolutionary Medicine of the Lung, EvoLUNG', im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung und dem Exzellenzcluster Entzündungsforschung bearbeitet", so Stefan Niemann.

Quelle: Forschungszentrum Borstel - Leibniz Lungenzentrum