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Forscher züchten Brustdrüsengewebe in Petrischale

Zehntausende Frauen erkranken jährlich an Brustkrebs. Jetzt ist es Münchner Forscher gelungen, Brustdrüsengewebe in der Petrischale züchten. Daran hoffen sie künftig die Entstehung von Krebs genau

Zehntausende Frauen erkranken jährlich an Brustkrebs. Jetzt ist es Münchner Forscher gelungen, Brustdrüsengewebe in der Petrischale züchten. Daran hoffen sie künftig die Entstehung von Krebs genau beobachten und neue Medikamente testen zu können.

Forscher des Helmholtz-Zentrums und der Ludwig Maximilians-Universität in München haben erstmals Brustdrüsengewebe in der Petrischale gezüchtet. Daran sei die Entstehung von normalem Drüsengewebe nachvollziehbar, berichten sie in einer neuen Studie(DOI: 10.1242/dev.123554) in der Fachzeitzeitschrift Development. Das Modell soll helfen, Brustkrebs und seine Entstehung im Detail verfolgen und verstehen zu können.

Erste Beobachtungen an dem gezüchteten dreidimensionalen Gewebe lassen vermuten, dass die Weichen für einen späteren Brustkrebs möglicherweise schon in der Pubertät gestellt werden, erklären die Forscher. Die Hoffnung ist, künftig vielleicht Substanzen gegen Brustkrebs in der Petrischale testen zu können.

Die Forschungsgruppe von Christina Scheel brachte Brustzellen unterschiedlicher Frauen aus Brustverkleinerungen in der Petrischale in ein transparentes Gel. Darin entwickelten sich die Zellen wie in der Pubertät in einer weiblichen Brust. “Die Stammzellen sind in der Lage, komplexe Drüsenstrukturen mit verschiedenartigen Zellen nachzubilden”, erläuterte Scheel. Wie in der echten Brust formten sich in dem Gel Milchgänge und an deren Ende traubenartige Strukturen. Dabei zeigte sich unter anderem, dass die Elastizität der Brust das Wachstum der Zellen beeinflusst. In härterem Gel war das Zellwachstum stärker war als in elastischem Gel.

Andere Stammzellforscher setzen in die Studie große Hoffnung. Es sei ein bisher einzigartiges System, Brustdrüsengewebe dreidimensional in der Petrischale nachzubilden, sagte Prof. Andreas Trumpp, Abteilungsleiter Stammzellen und Krebs am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. Er warnte aber vor verfrühter Euphorie. Noch sei das Experiment nicht mit Krebszellen vollzogen worden. Falls das gelänge, könnte das eine große Chance für die Entwicklung neuer Medikamente sein. “Dann könnte das Kultursystem zur Fahndung nach neuen Substanzen genutzt werden, die das Wachstum und die Wanderung der Krebszellen blockieren.”

Rund 70 000 Frauen bekommen allein in Deutschland jährlich die Diagnose Brustkrebs. Gerade bei jungen Frauen kann der Krebs sehr aggressiv sein. “Das aggressive Verhalten von Brustkrebs ist hinsichtlich vieler Aspekte noch nicht verstanden”, sagte Scheel. “Es ist sehr gut möglich, dass schon während der Pubertät Vorläuferformen von Krebs bei jungen Frauen angelegt werden.”

Bei Krebs laufe das Wachstum der Zellen ähnlich wie in der Pubertät – nur unkontrolliert. “Die Hauptentwicklungsphase der Brust ist während der Pubertät”, sagte Scheel. “Die Brustdrüse wächst bei ihrer Entwicklung wie ein invasiver Krebs, aber kontrolliert in das Fettgewebe ein. Das ist der Prozess, den wir jetzt nachstellen können.”

Zunächst zeige das Experiment die Funktionsweise der normalen Brust. Das sei jedoch die Voraussetzung, um die Abläufe bei Krankheit besser zu verstehen. “Wenn man ein Auto reparieren will, muss man auch erst mal verstehen, wie ein Auto funktioniert.” Im nächsten Schritt wollen die Forscher Krebszellen in das Gel einbringen – und sehen, ob und wie sich Krebs entwickelt.

Text: dpa /fw

Foto: Haruko Miura/Helmholtz Zentrum München/dpa