Fettleibigkeit ist und bleibt ein globales Gesundheitsproblem. Vor allem In den Vereinigten Staaten ist es allgegenwärtig. Hier, wie vielerorts auch, steigt die Zahl übergewichtiger Menschen unaufhaltsam an. Mittlerweile wird angenommen, dass ganze zwei Drittel aller Amerikaner übergewichtig oder adipös sind.
Laut dem amerikanischen Center for Disease Control and Prevention (CDC) liegen die geschätzten medizinischen Kosten, die durch Adipositas verursacht wurden, jährlich zwischen 147 und 210 Milliarden US Dollar.
Die Ursachen für Fettleibigkeit sind überaus vielfältig. Es gibt noch viel Klärungsbedarf bezüglich den Einflüssen der Ernährung und denen der individuellen Prädispositionen. Dieses Jahr wurden die Ergebnisse der bisher größten “Genome-Wide-Study” zum Thema Adipositas veröffentlicht. Die Studie stärkt ganz klar die Ansicht, dass neben übermäßiger Kalorienzufuhr auch eine genetische Komponente eine wichtige Rolle bei der Entstehung einnimmt. Die Wissenschaftler fanden mehr als 100 Regionen im menschlichen Genom, die einen Einfluss auf die Entwicklung von Adipositas haben. Darunter Gene, die beispielsweise eine Rolle bei der Regulation von Hunger oder der Fettverteilung spielen.
Wissenschaftler der Universität of British Columbia (UBC) in Kanada begannen nun damit eine Proteinfamilie namens 14-3-3 genauer zu untersuchen, das oft Bestandteil des weißen Fettgewebes adipöser Menschen ist. Von besonderem Interesse ist dabei das Protein 14-3-3zeta. Es wird von einem spezifischen Gen kodiert und von jeder menschlichen Zelle exprimiert. Die Wissenschaftler fanden durch ihre Arbeit heraus, dass ein Knock-Out dieses Gens in Mäusen zu einer signifikanten Verringerung des weißen Fettgewebes bei den Tieren führt.
Insbesondere dieses weiße Fettgewebe steht in engem Verbund mit Fettleibigkeit und anderen Leiden, wie zum Beispiel Herzkrankheit oder Diabetes. Weißes Fettgewebe ist nämlich im Gegensatz zu braunem Fettgewebe, das Kalorien zur Wärmegewinnung verbrennt, für die Speicherung von Kalorien verantwortlich. Aus diesen Gründen wird es gemeinweg als das “schlechte Fett” bezeichnet.
Studienautor Gareth Lim, ein Postdoc für Lebenswissenschaften an der UBC, erklärt die Wichtigkeit der 14-3-3zeta Proteins folgendermaßen:
“Menschen vermehren ihr Fettgewebe auf zwei Wegen: erstens durch Zellvermehrung der Adipozyten und zweitens durch eine bloße Vergrößerung der bereits vorhandenen Fettzellen. Unser Protein hat einen Einfluss auf sowohl die Anzahl als auch die Größe der Zellen, indem es eine wichtige Rolle bei der Regulation des Zellzyklus spielt.”
Schalteten die Wissenschaftler bei Mäusen das Gen für 14-3-3zeta per Knock-Out aus, so bemerkten sie bei den Tieren einen um 50% geringeren Anteil weißen Fettgewebes als beim Wildtyp. Dieser Unterschied manifestierte sich durchgehend und obwohl beiden Gruppen die exakt gleiche Kalorienmenge zugeführt wurde. Umgekehrt fand die Arbeitsgruppe heraus, dass Mäuse mit einer gezüchteten Überexpression von 14-3-3zeta gegenüber dem Wildtyp merklich größer und runder waren. Sie bildeten unter einer hochkalorischen Diät im Mittel 22% mehr weißes Fettgewebe als Mäuse mit normaler Proteinexpression.
Die Studie wurde im Fachmagazin Nature Communications publiziert und war das Ergebnis 4 Jahre langer Forschung. Durch die Entdeckung eines Proteins, dass eine unmittelbare Rolle bei der Fettproduktion spielt ebnete die Studie den Weg zur möglichen Entwicklung neuer Medikamente, mit denen man Adipositas behandeln könnte. Die Wissenschaftler haben die Theorie, dass durch die Suppression des Gens oder die Blockierung des Proteins, genau wie im Mausmodell, die exzessive Fettanreicherung im Menschen, mit Hang zur Fettleibigkeit, verhindert werden kann.
Studienautor Prof. James Johnson ist davon überzeugt, dass die Studie einen wichtigen Durchbruch im Kampf gegen Adipositas darstellt: “Bis jetzt wusste niemand, dass dieses Gen eine Rolle bei Adipositas spielt. Unsere Studie zeigt einmal mehr, wie wichtig die Forschung bei der Bekämpfung großer Gesundheitsprobleme ist. Nur durch sie können neue Wege zur Entwicklung neuer Medikamente eröffnet werden.”
Obwohl es auch heute schon medikamentöse Ansätze in der Therapie von Adipositas gibt sind diese in ihrer Effektivität noch sehr schwankend und können körperliches Training bzw. Sport nicht ersetzen. Es bleibt also abzuwarten, ob Medikamente, die möglicherweise aus den neuen Erkenntnissen hervorgehen könnten, einen Durchbuch in der Bekämpfung der Adipositas darstellen werden.
Text: esanum /pvd