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Fett und Zucker: Prävention mit erhobenem Zeigefinger bringt nichts

Schlaganfall, Diabetes, Herzinfarkt und Co: Ärzte sehen einen «Tsunami chronischer Erkrankungen» heranrollen. Doch die derzeitige Prävention erreicht zu wenig Menschen. Mit erhobenem Zeigefinger wi

Schlaganfall, Diabetes, Herzinfarkt und Co: Ärzte sehen einen «Tsunami chronischer Erkrankungen» heranrollen. Doch die derzeitige Prävention erreicht zu wenig Menschen.
Mit erhobenem Zeigefinger wird keine gute Prävention gemacht – darüber ist sich eine Allianz aus elf medizinischen Fachgesellschaften einig. Sie stellte am Mittwoch in Berlin ein vier Punkte-Programm vor, um chronischen Erkrankungen endlich wirkungsvoller vorzubeugen. «Wir müssen den Tsunami der chronischen Krankheiten stoppen», betonte der Diabetologe und Sprecher der Deutschen Allianz gegen Nichtübertragbare Krankheiten, Dietrich Garlich. Aber bislang gebe es vor allem Einzelmaßnahmen im Kampf gegen Übergewicht und Bewegungsmangel – den mächtigen Risiken für Diabetes, Schlaganfall, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder auch Krebs. «Aber die erreichen zu wenige und auch die falschen Menschen.»

Fakt ist: Die Hälfte der Erwachsenen und 15 Prozent der 3- bis 17-Jährigen in Deutschland sind zu dick, ein knappes Viertel der Erwachsenen und sechs Prozent der Kinder sogar fettleibig. Um sie alle zu erreichen, zu gesünderer Lebensweise und mehr Bewegung zu animieren, sollen nach dem Willen der Allianz nun strukturelle Veränderungen her: Eine Stunde Sport am Tag in den Schulen und Kitas, eine «Fett- und Zuckersteuer» auf Dickmacher-Lebensmittel, verbindliche Qualitätsstandards für Kita- und Schulessen sowie ein Verbot von Lebensmittelwerbung, die sich an Kinder richtet. Festschreiben könne man dies aber wohl erst im nächsten Koalitionsvertrag.

Frühzeitig, schon bei den Kindern, beginnen – und den Spaß- und Genussfaktor des gesunden Essens und Lebens auskosten, darauf komme es an, betonen die Mediziner.

Der Arzt und Komiker Eckart von Hirschhausen rief dazu auf, mit dem Zeigefinger nicht zu drohen, sondern zu kitzeln. «Kein Jugendlicher verzichtet aufs Rauchen, weil ihm irgendwann ein Herzinfarkt drohen könnte. Aber vielleicht tut er es, wenn man ihm Geheimdokumente aus der Tabakindustrie zeigt.» Verteufeln funktioniere nicht, dafür oft aber das Prinzip der Reaktanz: «Wenn ich Cola verbiete, wird sie spannend. Sie können ihrem Kind also Brokkoli verbieten, und es wird probieren wollen.» Auch umgekehrt werde ein Schuh draus: Eine rauchende Kanzlerin etwa würde den Tabakkonsum Jugendlicher vermutlich senken – mangels Coolnessfaktor.

Text und Foto: dpa /fw