Weltweit steigt das Durchschnittsalter der Mütter bei Geburt ihres ersten Kindes. Um ihren Traum von einem Kind im höheren Alter noch wahr werden zu lassen, entscheiden sich Frauen immer häufiger für eine Kryokonservierung der Eizellen. Dieses Verfahren beschreibt das Computer-gesteuerte Herunterkühlen der Eizellen mit anschließendem Transfer in minus 196 Grad kalten flüssigen Stickstoff und die teilweise jahrelange Aufbewahrung, um zu einem späteren Zeitpunkt die Eizellen wieder befruchtet einzusetzen. Das Verfahren erhielt große mediale Aufmerksamkeit, als Apple und Facebook ankündigten, ihren Mitarbeiterinnen das “Egg Freezing” sponsern zu wollen.
Dr. Robert Fischer, Medical Director des Fertility Center in Hamburg, erläuterte in seinem Vortrag “Kryokonservierung” – Familienplanung auf Eis? im Rahmen des Symposiums “Gesund Altern heute” in Bonn sowohl die Gründe, warum sich Frauen für “Social Freezing” entscheiden, als auch die Risiken. Er präsentierte Studienergebnisse, die zeigen, dass sich fast 90 Prozent der Frauen für das Einfrieren der Eizellen entscheiden, weil sie zum Zeitpunkt ihrer noch vorhandenen Fruchtbarkeit keinen Partner oder zumindest nicht den richtigen haben. Der zweitwichtigste Grund sei beruflicher Natur – 24 Prozent der Frauen befürchteten berufliche Nachteile zu erleiden, wenn sie ein Kind bekommen und wollen es deshalb lieber in die Zukunft verschieben. Zusätzlich hätten Frauen Angst, aufgrund ihrer abnehmenden Fruchtbarkeit ihre Eizellenreserve zu früh zu verlieren. Auch kennen Frauen nicht den genauen Zeitpunkt, wann ihre Fruchtbarkeit endet, und würden mit einem Einfrieren der Eizellen auf Nummer sicher gehen.
Beim “Social Freezing” erhalten die Frauen mehrere Tage lang Hormone, die verschiedene Follikel reifen lassen, um diese vaginal zu entnehmen. Die Eizellen (Ooyzten) werden anschließend bei rund minus 196 Grad tiefgekühlt und aufbewahrt, bis sich die Frau für eine künstliche Befruchtung und anschließende Einpflanzung der Embryonen entscheidet. Der Embryonentransfer geschieht entweder am zweiten Tag nach der Befruchtung, im 4-Zell-Stadium, oder am fünften Tag nach Befruchtung im sogenannten Blastozysten-Stadium. Die Schwangerschaftsraten sind am höchsten, wenn mehrere befruchtete Eizellen zur Auswahl stehen. “Bei einer 36 Jahre alten Frau, sollten mindestens 20-25 Ooyzten zur Verfügung stehen”, so Fischer. Die höchste Wahrscheinlichkeit, dass entnommene Eizellen nach dem Einfrieren und der künstlichen Befruchtung zu einer Schwangerschaft führen, liege zwischen 25 und 30 Jahren.
Fischer betonte, dass Verfahren der Reproduktionsgarantie keine Garantie für Frauen darstellten, in höherem Alter schwanger zu werden und ein gesundes Kind zur Welt zu bringen. Bei nur 8,8 Prozent der Frauen, die im Alter von 42 Jahren eine In-Vitro-Fertilisation vornehmen lasse, führe diese zu einer Schwangerschaft; Sogar nur 4,1 Prozent bekommen ein Kind. Überhaupt ist “Social Freezing” auch mit Risiken verbunden. So bestehe die Möglichkeit eines Überstimulationssyndroms in circa zwei Prozent der Fälle. Deutlich seltener treten Nachbluten, Infektionen und Verletzungen der inneren Organe auf.
Wer ist überhaupt die Klientel für Social Freezing? Die typische Patientin sei zwischen 36 und 38 Jahre alt, Akademikerin und stehe mit beiden Beinen im Berufsleben, erklärt Fischer. Er ist der Meinung, Hollywood und die Showbranche würden ein falsches Signal vom Kinderkriegen bis ins hohe Alter suggerieren. 49 Jahre repräsentieren für ihn eine medizinische Grenze, da danach auch die Geburtsrisiken deutlich steigen würden.