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Falschem Schönheitschirurg droht lange Haftstrafe

Dutzende Schönheitsoperationen hat ein Mann aus der Oberpfalz vorgenommen, ohne Arzt zu sein. Das Geschäft des Scharlatans blühte. Ein junger Mann aus Regensburg gab sich als Schönheitschirurg aus

Dutzende Schönheitsoperationen hat ein Mann aus der Oberpfalz vorgenommen, ohne Arzt zu sein.

Das Geschäft des Scharlatans blühte. Ein junger Mann aus Regensburg gab sich als Schönheitschirurg aus und behandelte Dutzende Patienten. Etwa 15 000 Euro pro Monat verdiente der heute 31-Jährige mit dem Aufspritzen von Lippen und Gesichtern. Nun droht ihm eine Haftstrafe.

Das puppenhafte Gesicht des Angeklagten steht im krassen Gegensatz zur schlichten blauen Gefängniskleidung. Die Wangenknochen des 31-Jährigen stechen unnatürlich hervor, die Gesichtshaut ist zum Zerreißen gespannt und die Lippen sind aufgespritzt. Der Mann, der selbst zahlreiche Veränderungen an seinem Gesicht vorgenommen hatte, nahm unter anderem in Hannover an anderen Schönheitsoperationen vor – ohne Arzt zu sein. Wegen gefährlicher Körperverletzung, Betrugs und Missbrauchs von Titeln in 110 Fällen muss er sich vor dem Landgericht Regensburg verantworten.

“Ich war überzeugt, dass es sichere Behandlungen sind, weil ich sie selbst an mir ausprobiert habe”, sagt der Angeklagte am Mittwoch vor Gericht. Nach eigenen Angaben hatte er sich mit gefälschten Dokumenten und Urkunden einen angeblichen medizinischen Werdegang zugelegt. Seine Abiturnote hatte er von 2,7 auf 1,4 “verbessert” und sich mit einem selbst gefertigten Stempel der Universität Regensburg als Facharzt für Plastische Chirurgie ausgewiesen. Im Internet warb er mit seinen Fähigkeiten – und die Patienten kamen und zahlten.

Erste Patientin war eine Clubsängerin aus Hannover. Die angeblich erfolgreiche Behandlung sprach sich in sozialen Netzwerken herum. Zwischen 2012 und 2014 spritzte er in Wohnungen in Hannover und Regensburg seinen männlichen und weiblichen Patienten Botox und Silikon in Lippen, Wangen und Stirn. Das Geschäft blühte: “Ich habe deutlich mehr verdient, als in der Anklage steht. Nach Abzug der Kosten etwa 15 000 Euro im Monat”, sagt der 31-Jährige, der sich am Mittwoch vieles von der Seele redet.

Auch die Zahl der Patienten sei höher als in der Anklageschrift. Die Staatsanwaltschaft ging von 56 Geschädigten aus. “Viele ließen sich spontan behandeln. Eine Erfassung war aus zeitlichen Gründen nicht möglich”, sagt der 31-Jährige.

Der Angeklagte beteuert, er bedauere seine Taten inzwischen. “Es ist ein Glück, dass ich aufgeflogen bin.” In dem Verfahren hatte der medizinische Sachverständige gesagt, dass die Patienten in großer Gefahr geschwebt hätten und auch Spätfolgen nicht auszuschließen seien. Zahlreiche Geschädigte hatten von schmerzhaften Schwellungen und Taubheitsgefühlen berichtet. Einige klagten nach der örtlichen Betäubung auch über Ohnmacht und Herzrasen. “Ich bin froh, dass nicht noch Schlimmeres passiert ist”, sagt der Angeklagte.

Als junger Mann hatte er sich selbst mehrfach kosmetischen Operationen unterzogen und Korrekturen auch an sich selbst durchgeführt. Laut psychiatrischem Gutachten leidet der Mann unter einer Störung der Wahrnehmung des eigenen Leibes (Dysmorphophobie) und hält sich für hässlich und entstellt. Zudem attestierte der Gutachter dem 31-Jährigen dissoziale und narzisstische Persönlichkeitsstörungen. “Ich war süchtig nach Bewunderung. Durch die Patienten habe ich sie bekommen”, sagt der Angeklagte.

Aufgeflogen war der falsche Schönheitschirurg durch eine besorgte Mutter aus Österreich. Sie hatte Zweifel an der Richtigkeit der Angaben zur Approbation des Mannes und schaltete die Behörden ein.

Ursprünglich sollte am Mittwoch das Urteil gesprochen werden. Nach einem Rechtsgespräch zu Beginn des Prozesses war dem 31-Jährigen eine Haftstrafe von vier bis fünf Jahren in Aussicht gestellt worden. Der Angeklagte hofft wegen seiner Kokainsucht jedoch auf eine Unterbringung in eine Entziehungsanstalt. Ein Gutachter hatte allerdings keine Abhängigkeit festgestellt. Nachdem der Angeklagte am Mittwoch erstmals konkrete Angaben zu seinem Drogenkonsum und seinen Dealern machte, setzte die Vorsitzende Richterin weitere Termine an. Die Kammer will nun die Eltern des Angeklagten, seinen Lebensgefährten und den Drogendealer als Zeugen laden.

Text und Foto: dpa /fw