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Existenz von Geburtskliniken durch Hebammenmangel bedroht

In Niedersachsen gehen zum 1. Januar 2019 in weiteren Kreißsälen die Lichter aus. Werdende Eltern müssen sich auf längere Wege einstellen. Verbände drängen darauf, dass schnell mehr Ausbildungsplätze für Geburtshelferinnen geschaffen werden.

In Niedersachsen gehen zum 1. Januar 2019 in weiteren Kreißsälen die Lichter aus

Werdende Eltern müssen sich auf längere Wege einstellen. Verbände drängen darauf, dass schnell mehr Ausbildungsplätze für Geburtshelferinnen geschaffen werden.

Viele Geburtskliniken in Niedersachsen stehen massiv unter Druck, weil Hebammen und Pflegekräfte fehlen. Die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft (NKG) und der Hebammenverband Niedersachsen fordern eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und größere Anstrengungen bei der Ausbildung, andernfalls drohten noch mehr Schließungen von Stationen. "Die Versorgung von werdenden Müttern in den Krankenhäusern ist gesichert, aber die Wege werden weiter", sagte NKG-Verbandsdirektor Helge Engelke. Es müsse auch über eine andere Finanzierung der Geburtshilfe nachgedacht werden. Hier wäre der Bund am Zug, sagt er.

Vor 15 Jahren gab es in Niedersachsen 107 Krankenhäuser, in denen Kinder zur Welt gebracht werden konnten. Aktuell sind es nach Angaben der Krankenhausgesellschaft nur noch 73. Zum 1. Januar 2019 wird etwa das Krankenhaus Wittmund keine Geburtshilfe mehr anbieten können. Werdende Eltern müssen nach Aurich, Wilhelmshaven oder Varel ausweichen. Das Helios Klinikum in Gifhorn hat seinen Kreißsaal seit diesem Montag bis zum 22. Dezember geschlossen. Zu dem ohnehin bestehenden Fachkräftemangel seien Ausfälle wegen Krankheiten und Schwangerschaften hinzugekommen, teilte Helios mit. Das Haus zahlt Hebammen bei einer Neueinstellung eine Startprämie von 5000 Euro.

Personal wird dringend gesucht

Um den Mangel zu bekämpfen, wurde unter Federführung des Gesundheitsministeriums der Runde Tisch "Hebammenversorgung in Niedersachsen" eingerichtet, der am Mittwoch erneut tagen wird. "Die Personaldecke in den einzelnen Abteilungen ist sehr dünn. Eigentlich müsste es pro 100 Geburten im Jahr eine Vollzeitstelle geben, im Moment kommt eine Stelle auf 130 Geburten", berichtete die Vorsitzende des Landeshebammenverbandes, Veronika Bujny. Im fast 2000 Quadratkilometer großen Landkreis Diepholz gibt es schon länger keinen Kreißsaal mehr.

In den drei Geburtskliniken des Klinikums Region Hannover (KRH) in Gehrden, Großburgwedel und Neustadt am Rübenberge sind derzeit sechs Hebammenstellen vakant. "Frei werdende Stellen können nicht so schnell wieder besetzt werden, wie wir uns dies wünschen", sagte KRH-Sprecher Nikolas Gerdau. Die Situation sei aber stabil. In Oldenburg dagegen wird der Kreißsaal im Pius-Hospital am 1. Januar 2019 geschlossen. Gebärende Frauen könnten auf das Evangelische Krankenhaus und das Klinikum ausweichen, teilte das Hospital mit. Engpässe würden nicht erwartet.

Mehr Ausbildungsplätze notwendig

"Die Ausbildungszahlen müssen wir nahezu verdoppeln. Das muss rasch gehen", forderte Bujny. Nach Auskunft des Kultusministeriums wurden landesweit Ende 2017 an zehn mit Krankenhäusern verbundenen Schulen 253 Schülerinnen als Hebammen ausgebildet. Dies waren 50 Plätze mehr als 2016. Für 2018 dürften weitere hinzukommen. Die Landesregierung will laut Wissenschaftsministerium auch mehr Studienplätze für angehende Geburtshelferinnen schaffen. Einen Bachelorstudiengang mit 45 Anfängerplätzen bietet etwa die Hochschule Osnabrück an.

Der Personalmangel wird sich Verbandschefin Bujny zufolge noch zuspitzen. Etwa ein Viertel der etwa 2300 Hebammen im Land gehen demnach in den kommenden acht Jahren in Rente. Schwangere müssen sich schon jetzt sehr früh darum kümmern, eine Hebamme für die Vor- und Nachsorge zu Hause zu finden.

Daneben fehlen in den Kliniken auch Intensivpflegekräfte, die Frühchen und kranke Neugeborenen behandeln. Vor kurzem hatte die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) berichtet, dass sie allein in diesem Jahr 298 schwerkranke Kinder aus anderen Häusern nicht aufnehmen konnte, weil nicht genug Intensivpflegerinnen und -pfleger zur Verfügung stehen.

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