Wissenschaftler aus 27 europäischen Ländern sagen dem Jodmangel den Kampf an. Es sei davon auszugehen, dass in vielen Ländern Europas der von der WHO empfohlene Jodwert unterschritten werde, sagte der Projekt-Koordinator Henry Völzke vom Netzwerk EUthyriod am Montag in Wien. In dem neugegründeten Netzwerk EUthyroid wird in den kommenden drei Jahren die Jodversorgung der europäischen Bevölkerung erfasst. Zudem werden Maßnahmen entwickelt, um die Jodversorgung nachhaltig zu verbessern.
Schon ein leichter Jodmangel in der Schwangerschaft könne zu einer gestörten Gehirnentwicklung des Kindes und so zu einer verminderten Intelligenz führen. Zudem sei Jodmagel erwiesenermaßen einer der wichtigsten Risikofaktoren für Schilddrüsenerkrankungen bei Kindern und Erwachsenen, wie der Greifswalder Mediziner sagte. Völzke ist der einzige Vertreter Deutschlands im “Iodine Global Network”, einer der WHO assoziierten Fachorganisation und übernimmt die Koordinierung des drei Millionen Euro schweren Forschungsprojekts, das am Montag in Wien gestartet wurde.
Lediglich in Island sei durch den hohen Konsum an Meeresfrüchten von einer ausreichenden natürlichen Jodversorgung auszugehen, sagte der Greifswalder Mediziner. In der Schweiz oder auch in Polen werde durch eine klar geregelte und gesetzlich vorgeschriebene Jodsalzprophylaxe der Mangel ausgeglichen. In anderen Ländern wie beispielsweise in Deutschland sei die Jodsalzprophylaxe freiwillig. Nur 27 Prozent der europäischen Haushalte verwenden nach Angaben der Wissenschaftler jodiertes Salz. Besonders vom Jodmangel betroffen sind Gebirgsregionen.
“Problematisch ist zudem, dass mit einer bewussteren salzärmeren Ernährung auch die Jodaufnahme zurückgeht”, sagte Völzke. Zu hoher Salzkonsum wird mitverantwortlich für Bluthochdruck gemacht. Der von der WHO empfohlene Medianwert liegt bei 100 Mikrogramm Jod je Liter Urin.
“Aktuell gibt es in Europa trotz vieler Studien keine einheitlichen Daten zur Jodversorgungslage, da die Erhebungsmethoden sehr unterschiedlich sind”, kritisierte Völzke. “So können wir bislang auch nur Vermutungen über die Größenordnung der Gesundheitsprobleme anstellen, die eine mangelhafte Jodversorgung auslöst.” Mit dem EUthyriod-Netzwerk sollen die Untersuchungsmethoden vereinheitlicht werden. Zudem wollen die Wissenschaftler Maßnahmen entwickeln, um die Jodversorgung zu verbessern.
So könnte beispielsweise in allen europäischen Ländern die Jodsalzprophylaxe verbindlich geregelt und die Jodkonzentration im Salz den veränderten Konsumverhalten angepasst werden.
Text und Foto: dpa /fw