Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht und beim Gehen sind in der älteren Bevölkerung allgegenwärtig und können zu einer enormen persönlichen und gesundheitlichen Belastung führen. Die EU fördert dazu ein internationales Projekt an der Schnittstelle zwischen Neurowissenschaften und Geriatrie.
Behandlungen mit Medikamenten, aber auch nicht-medikamentöse Therapien sind bisher nur wenig wirksam. An dieser Stelle setzt das Forschungs- und Doktorandennetzwerk Keep Control an, das die Europäische Kommission als Marie Skłodowska-Curie Maßnahme im Programm Horizon 2020 für die nächsten vier Jahre mit über 3 Millionen Euro fördert. Rund eine halbe Million Euro geht davon an die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU).
Koordiniert wird Keep Control von Professor Walter Maetzler, Medizinische Fakultät der CAU und stellvertretender Direktor der Klinik für Neurologie, am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH). Das Konsortium besteht aus insgesamt 12 europäischen Standorten der neurologischen, geriatrischen, biomechanischen und statistischen Forschung sowie der Industrie. Ziele sind das bessere Verständnis von Gleichgewichts- und Gangdefiziten bei älteren Erwachsenen sowie die Suche nach innovativen Behandlungsmöglichkeiten.
“Gleichgewichtsstörungen und Probleme beim Gehen können nicht nur bei Menschen mit neurodegenerativen Erkrankungen zu lebensbedrohlichen Situationen führen“, sagt Maetzler. “Diese Probleme treten oft auch bei ansonsten aktiven und lebensfrohen Älteren auf. Diese Menschen verlieren ihre Unabhängigkeit und Mobilität und damit einhergehend auch Wohlbefinden und Lebensqualität.“
Die beteiligten Wissenschaftler wenden neuartige technische Methoden an, um schon in Frühphasen von Gang- und Gleichgewichtseinschränkungen die Diagnose zu stellen. Zusätzlich führen sie Therapiestudien mit sturzgefährdeten Personen im höheren Alter durch. Eine Besonderheit des Projekts ist die Datensammlung mit einer Software, die sowohl eine gemeinsame Auswertung der Daten über alle Standorte zulässt, als auch den Studienteilnehmern erlaubt, die gesammelten Daten zu interpretieren und selbst Daten zu erheben. “Neben der Forschung liegt der zweite Schwerpunkt des Projekts ganz klar auf der Nachwuchsförderung, in die ein Großteil unserer eingeworbenen Mittel fließen wird“, erklärt Maetzler. So sind derzeit 12 Stellen für Doktorandinnen und Doktoranden ausgeschrieben.