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Ethikrat gegen Masern-Impfpflicht bei Kindern

Um Masern-Infektionen rigoroser einzudämmen, soll eine Impfpflicht für Kinder in bestimmten Einrichtungen kommen. Ist das angemessen? Wissenschaftler, die den Bundestag beraten, melden Zweifel an.

Masern-Impfung trotzdem keine reine Privatangelegenheit

Um Masern-Infektionen rigoroser einzudämmen, soll eine Impfpflicht für Kinder in bestimmten Einrichtungen kommen. Ist das angemessen? Wissenschaftler, die den Bundestag beraten, melden Zweifel an.

Die von der großen Koalition geplante Masern-Impfpflicht für Kinder in Kitas und Schulen ist aus Sicht des Deutschen Ethikrats nicht gerechtfertigt. Grund seien die insgesamt hohen Impfquoten in diesen Altersgruppen, erklärte das unabhängige Beratergremium. Zu empfehlen sei jedoch eine Impfpflicht "für Berufsgruppen in besonderer Verantwortung" wie Ärzte und Erzieher. Grundsätzlich sei es keine reine Privatangelegenheit, ob man sich gegen eine hochansteckende Infektionskrankheit wie die Masern impfen lasse. Angesichts einer solchen "moralischen Pflicht" sei aber zu prüfen, für wen auch eine Rechtspflicht erforderlich sei.

Nach Gesetzesplänen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) soll eine Impfpflicht gegen Masern ab März 2020 für Kinder und das Personal in Kitas und Schulen kommen, außerdem für Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen. Vorgesehen sind auch Geldbußen von bis zu 2.500 Euro. Spahn sagte, die Stellungnahme des Ethikrats helfe in der Debatte. Sie stelle klar, dass es eine moralische Verpflichtung gebe, sich und eigene Kinder gegen Masern impfen zu lassen. Er halte es aber für notwendig, diese Pflicht verbindlicher zu gestalten.

Ethikrat empfielt Informationskampagnen zur Aufklärung

Um Impflücken zu schließen, empfiehlt der Ethikrat eine Reihe von Maßnahmen - staatliche Eingriffe sollten dabei aber erst am Ende stehen. Sinnvoll seien Informationskampagnen, unkomplizierte Angebote wie offene Impfsprechstunden für Berufstätige am Tagesrand oder Impf-Erinnerungssysteme von Hausärzten und Kinderärzten. Die wenigen Ärzte, die falsche Informationen über Masern-Impfungen verbreiten, sollten berufsrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.

Eine "harte" staatliche Impfpflicht, die letztlich mit körperlichem Zwang durchzusetzen wäre, sei aber nicht zu rechtfertigen, erläuterte Wolfram Henn für die zuständige Arbeitsgruppe. Auch von Bußgeldern sei abzuraten. Ungeimpfte Kinder generell von Schulen oder Kitas auszuschließen, lehnt der Ethikrat ab - in Einzelfällen könne das befristet möglich sein.

Vorschlag einer reinen Masern-Impfung

Mit Blick auf die geplante Pflicht für Kinder in Kitas und Schulen betont der Ethikrat, dann müsse es auch möglich sein, nur gegen Masern zu immunisieren - es gibt aber meist Mehrfachimpfstoffe. Der Rat gibt auch zu bedenken, dass Kinder und Jugendliche eine schwächere Gruppe mit "eingeschränkter Entscheidungskompetenz" seien. In den Blick zu nehmen seien vielmehr Berufstätige, die eine besondere Verantwortung für anvertraute Menschen haben, wie Ärzte, Pfleger oder Erzieher.

Der Ethikrat erklärt, dass nur eine kleine Minderheit von zwei Prozent der Bevölkerung fundamental gegen Impfungen und unzugänglich für Argumente sei. Zum Schulbeginn seien derzeit 97 Prozent der Kinder einmal und knapp 93 Prozent wie empfohlen zweimal gegen Masern geimpft. Unter 30- bis 39-Jährigen Erwachsenen seien aber nur 46,7 Prozent überhaupt geimpft.