Ist Arzt heute immer noch ein Traumberuf? Allgemein erhalten Ärzte viel gesellschaftliche Anerkennung, verfügen über einen hohen sozialen Status, das monatliche Einkommen gilt als vergleichsweise attraktiv. Doch wie geht es den Ärzten in Deutschland wirklich? Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Beruf? Was stört sie? Was könnte besser laufen? Das Online-Netzwerk esanum hat im Rahmen der Umfrage “Stress im Arztberuf” insgesamt 158 Ärzte befragt, wie sie ihren Beruf aktuell bewerten. Prozentual waren die meisten Teilnehmer Allgemeinmediziner, Internisten, Chirurgen und Orthopäden.
Von den befragten Ärzten gaben 76 Prozent an, dass der Beruf ihnen “sehr viel” oder “viel” Spaß macht – verglichen mit anderen Berufszweigen ein herausragender Wert. Lediglich 18 Prozent antworten, ihre Tätigkeit sei lediglich “durchschnittlich” interessant und sechs Prozent gaben an, dass ihnen der Beruf “eher weniger” Freude bereite. Zunehmend halten die Ärzte allerdings die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für ein Problem. 38 Prozent der Befragten meinten, den Arztberuf mit dem Privatleben “eher weniger gut” vereinbaren zu können. Eine gute Work-Life-Balance notieren lediglich 23 Prozent der Teilnehmer.
So ist es wenig überraschend, dass auf die Frage, ob der Arztberuf ausreichend Zeit für Familie und Kinder ließe, nur 40 Prozent mit “ja” antworteten. Rund 60 Prozent finden, der Arztberuf lasse ihnen nicht genug Zeit für ihr Familienleben. Ein Grund dafür könnte die Arbeitszeit sein, denn immerhin 39 Prozent der befragten Ärzte sagen, sie würden mehr als zehn Stunden täglich arbeiten. Bei 15 Prozent sind es sogar mehr als zwölf Stunden. Auf mehr als acht Stunden kommen 32 Prozent der Umfrageteilnehmer. Mehr als jeder Vierte arbeitet bis zu vier Stunden täglich über die eigentliche Arbeitszeit hinaus. 63 Prozent antworten, dass sie zudem außerhalb ihrer Arbeitszeit per Email und Handy erreichbar seien. Abschalten dürfe da schwer fallen.
Als größte Stressfaktoren nehmen die Mediziner die ausufernde Bürokratie wahr. 86 Prozent sind der Meinung, Bürokratie erschwere ihnen die Ausübung ihres Berufs. 45 Prozent der Ärzte empfinden die Interaktion mit den Krankenkassen in Bezug auf die Abrechnung als stressig. 22 Prozent der Befragten beklagen sich über unfreundliche Patienten. 21 Prozent der Ärzte empfinden ihre Verantwortung als Stressfaktor. Für weitere 20 Prozent sind die unregelmäßigen Arbeitszeiten belastend. Zusätzlich empfinden es die Ärzte als unangenehm, dass sich die Patienten im Internet in ein Thema einlesen und dann versuchen würden, mit ihrem Halbwissen mögliche Selbst-Diagnosen zu stellen.
Auf die Frage, welche körperlichen Beschwerden infolge einer zu hohen Stressbelastung auftreten, gaben 28 Prozent der Befragten Schlafstörungen an. Weitere 28 Prozent der Ärzte leiden unter Nervosität und Gereiztheit. Mit nur zehn Prozent spielen Rückenschmerzen, Magenbeschwerden, Tinnitus und Panikattacken eine weitaus geringere Rolle. Aber auch Stressanzeichen wie Gewichtszunahme beziehungsweise -abnahme, schmerzhafte Verspannungen, Wut und Frustration, Hypertonie und Erschöpfung machen den Medizinern zu schaffen. Ein Burn-out mit der Folge einer zeitweisen Berufsunfähigkeit hatten bereits 13 Prozent der Ärzte erlitten.
Einen Ausgleich finden die Ärzte in der Ausübung ihrer Hobbys wie Lesen, Musik, Spazierengehen sowie bei Kinobesuchen. 16 Prozent finden in Mediennutzung, Entspannungsübungen, Familie, Haustiere, Sport und Gartenarbeit Zeit zum relaxen.
Große Unzufriedenheit zeigen die Ärzte bei ihrem Gehalt. Nur 30 Prozent fühlen sich in ihrem Beruf gerecht bezahlt; 70 Prozent sind mit ihrer Bezahlung teilweise höchst unzufrieden. Richtwerte über den Verdienst von Ärzten liefern die Daten von Rebmann Research aus dem Jahr 2009, veröffentlicht auf faz.net: Chefärzte bewegen sich mit 266.000 Euro Jahresverdienst an der Spitze der Gehälter, gefolgt von dem Oberarzt, der ein Jahresgehalt von 111.000 Euro verbucht. Das Gehalt von Fachärzten beläuft sich zwischen 62.000 und 75.000 Euro jährlich. Angemerkt sei hier, dass bei den Gehältern jeweils von Durchschnittsgehältern die Rede ist.
Text: df / V. Thoms
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