In seinem Statement betonte van Assche, wie wichtig es ist, Fortschritte in der Therapie zu erzielen. Doch noch viel wichtiger sei, diese Fortschritte auch über einen längeren Zeitraum zu erhalten. Kontinuierliches klinisches Ansprechen (CCR) stehe im Zusammenhang mit einem guten Langzeitergebnis und einer wesentlichen Verbesserung der Lebensqualität auf lange Sicht.
Als Beleg für diese These gilt PURSUIT-M, die Erhaltungsstudie zu Golimumab, [1] bei der alle vier Wochen die klinische Response gemessen wurde. Dabei zeigte sich, dass das CCR von Patienten mit aktiver Colitis ulcerosa (CU) mit der Erreichung konventioneller Endpunkte sowie mit einer Heilung der Mukosa verbunden war. "Es gibt keine Untersuchung, die so intensiv die Meinung der Patienten berücksichtigt hat. Aber das ist genau das, was die Patienten wollen", versicherte der belgische Gastroenterologe.
Auf dem Symposium waren aber die anwesenden Ärzte gefragt. Sie sollten per Knopfdruck die erste Frage beantworten:
Ein Drittel entschied sich für den ersten Punkt, aber über die Hälfte votierten für Punkt 5: "alles davon". Die beiden Referenten erläuterten, dass die Notwendigkeit, Steroide zu geben, den deutlichsten Hinweis auf Verschlechterung darstellt. Ein einmaliger Anstieg von Calprotectin sei nicht zuverlässig und der Mayo-Score nicht entscheidend. Ein klares Zeichen seien auch rektale Blutungen.
Die zweite Frage bezog sich auf die Meinung der Patienten:
64 % votierten für die PRO-2, knapp ein Viertel für die Lebensqualität.
"Wow, das Mantra wirkt", kommentierte James Lindsay das Ergebnis und erläuterte kurz die Historie der PROs: Sie gehen auf eine Forderung der FDA zurück, neben den traditionellen Messinstrumenten wie den Mayo-Score auch für Patienten relevante Endpunkte in Studien einzubauen. "Wir mussten herausfinden, was für Patienten wirklich wichtig ist und die entsprechenden Scores entwickeln. Das war harte Arbeit für fünf Jahre. Und diese Diskussion ist immer noch nicht beendet."
Kein Zweifel, so Lindsay, rektale Blutungen seien ein wichtiger Marker. Ebenso die Stuhlfrequenz, doch sie könne auch andere Ursachen haben. Der Stuhldrang sei kein Teil des Mayo-Scores, weil man dazu keine Daten sammeln könne. Am schwierigsten zu beurteilen sei die Fatigue: "Sie ist ein großes Problem, über das alle Patienten klagen. Aber ihre Ätiologie herauszufinden, ist schwierig. Kommt sie von der Krankheitsaktivität, von den Medikamenten oder durch psychologische Komorbiditäten?"
Nach längerer Debatte kamen die beiden Referenten zu dem Schluss, dass rektale Blutungen die klinisch relevantesten PROs darstellen.
Bei der dritten Frage an das Publikum ging es um das Monitoring:
Die Antworten verteilten sich beinahe gleichmäßig: Ein Drittel will zweimal innerhalb von sechs Monaten endoskopieren. 30 % erst nach einem halben Jahr, ein knappes Viertel verlässt sich auf die Krankheitssymptome und knapp 15 % auf Calprotectin.
Die beiden Diskutanten wogen das Für und Wider ab und kamen zu dem Schluss, dass man auf Endoskopien nicht verzichten sollte. Calprotectin sei zwar mit mukosaler Heilung verbunden, aber ohne Baseline könne man diese nicht beurteilen. Sich nur auf die Krankheitssymptome zu verlassen, berge die Gefahr einer stetigen Therapieeskalation. Es sei aber durchaus gerechtfertigt, so ihr Resümee, mit der Endoskopie 6 Monate zu warten. Keiner mag Darmspiegelungen – aber für die Colitis ulcerosa reiche ja eine Sigma-Endoskopie, die die Patienten weniger belaste.
Die vierte Frage war ein Test für die Innovationsfreude der Gastroenterologen:
Die anwesenden Ärzte erwiesen sich als technikaffin: 80 % würden ihre Patienten mit dem Smartphone überwachen. 34 % würden sie trotzdem genauso oft sehen wollen, aber 45 % plädierten für weniger Konsultationen.
Zurzeit werde an Apps gearbeitet, die PROs messen können, berichtete Lindsay. Und van Assche stellte kurz die belgische Handy-App zur Messung des Calprotectins vor. Sie besteht aus einem Kit und funktioniert ähnlich wie ein Schwangerschaftstest. Da die meisten CU-Patienten jung sind, werde dies auch gerne angenommen. Trotzdem müsse man Rücksicht nehmen auf Patienten, die sich auf das Tele-Monitoring nicht einlassen können oder einlassen wollen.
In seinem Schlusswort betonte Lindsay noch einmal die Bedeutung des kontinuierlichen klinischen Ansprechens für den Outcome und die Lebensqualität der Patienten. Auch wenn es immer noch Diskussionen um die nützlichsten PROs und Überwachungsstrategien gebe, sei allein das Bewusstsein der Ärzte für deren wichtige Rolle schon ein großer Fortschritt für die Patienten.
Referenzen:
[1] Gibson, P R, Clin Transl Gastroenterol. 2016 Apr; 7(4): e168 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4855165/