Dass mangelernährte Patienten in Kliniken nach wie vor ein nicht zu unterschätzendes Problem sind und wie man mit gezieltem Ernährungsmanagement gegensteuern kann – das zeigte Prof. Dr. Jörg Bojunga, Leitender Oberarzt der Endokrinologie, Diabetologie, Ernährungsmedizin am Universitätsklinikum Frankfurt am Main auf. Was spricht für ein Ernährungsmanagement? Bojunga griff drei Aspekte auf:
Wie viele Patienten tatsächlich mangelernährt sind – das wird laut Bojunga noch immer unterschätzt. Die Prävalenz von Mangelernährung im Krankenhaus liegt zwischen 20 und 50%. Von Mangelernährung in deutschen Krankenhäusern sind insgesamt 27,4% der Patienten betroffen. Wobei es starke Differenzen gibt. In der Geriatrie sind 56,2% der Patienten mangelernährt, in der Onkologie 38% und in der Gastroenterologie 33%. Hinzu kommt, dass viele Patienten während ihres Aufenthalts in der Klinik weiter an Gewicht verlieren: 64% der Patienten im Durchschnitt 5,4%.
Welche Folgen hat Mangelernährung im Krankenhaus?
Um die Situation in Frankfurt zu verbessern wurde eine Ernährungskommission, beziehungsweise ein Ernährungsteam, gegründet. Dieses setzt sich aus Experten aus den Bereichen Einkauf/Materialwirtschaft, der Apotheke, der Küche, der Pflege/Pflegeentwicklung und den Ärztlichen Vertretern der Kliniken zusammen. Das Ernährungsteam arbeitet eng mit dem Klinikumsvorstand zusammen.
Ziel ist, die Wahrnehmung von Mangelernährung zu verbessern. Und die ist dringend notwendig, so Bojunga. Zwar werde Übergewicht als Problem erkannt und auch Untergewicht – doch eine krankheitsbedingte Mangelernährung werde häufig wenig wahrgenommen. Das gilt gerade auch für Patienten mit Adipositas – die nicht selten neben ihrem extremen Übergewicht eben auch mangelernährt sind.
Grundlage des Ernährungsmanagements in Frankfurt ist ein Patienten-Screening auf Mangelernährung. Im von Bojunga entwickelten "Nutritional Risk Screening" werden alle neu aufgenommenen Patienten auf eine mögliche Mangelernährung hin untersucht. Dazu gibt es eine entsprechende Kodieranweisung. Die Mindestkriterien für eine Verwendung eines Kodes aus E43, E44 sehen so aus:
Das ärztliche und pflegerische Personal wurde durch aufwändige Schulungen auf den richtigen Umgang mit den Testergebnissen des Screenings vorbereitet. Die Patienten erhalten je nach Resultat des Screenings eine individuelle Ernährung – mit unmittelbaren Vorteilen für sie: In der Folge der Umstellung hat sich die Liegezeit verkürzt und das Infektionsrisiko weiter verringert. Außerdem hat die Umstellung das Fundament für weiterführende wissenschaftliche Forschung in der Ernährungsmedizin gelegt. Im Dezember 2013 hat Bojunga den Theodor Stern-Stiftungspreis für seine herausragenden Leistungen zur Verbesserung der Patientenernährung erhalten.
Bojunga hebt hervor, dass an Kliniken Schulungsprogramme etabliert werden müssen. Eine Multiplikatorenschulung sollte einmal pro Quartal stattfinden. Vermittelt werden sollten dabei:
Um die Situation von Patienten in den Kliniken zu verbessern sind aus seiner Sicht folgende Aspekte wichtig:
Quellen:
Kongress der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin, Kongress Palais Kassel, 21. Juni bis 23. Juni 2018
Satellitensymposium: ERNÄHRUNG in der Klinik - was können Sie für Ihre Patienten tun?