Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie (DOI: 10.1016/S1474-4422(16)30073-4) mit Zahlen aus 188 Ländern. Sie umfasste die schlechte Luft in Städten aber auch die in Haushalten ärmerer Länder, wo Frauen auf offenem Feuer kochen. Die Untersuchung stützt sich auf die Erhebungen der Global Burden of Disease Study 2013 (Globale Studie zur Krankheitsbelastung) und wertet die Daten speziell im Hinblick auf das Schlaganfall-Risiko aus. Valery Feigin von der Auckland University of Technology in Auckland (Neuseeland) und eine große Anzahl internationaler Experten veröffentlichten ihre Ergebnisse im Fachjournal The Lancet Neurology.
Weltweit erleiden pro Jahr etwa 15 Millionen Menschen einen Schlaganfall. Die Wissenschaftler bezogen sich in ihrer Studie auf Lebensjahre, die den Betroffenen entweder durch vorzeitigen Tod oder durch eine körperliche oder geistige Beeinträchtigung verloren gehen (Dalys: disability-adjusted life years). Weltweit gesehen könnte die Belastung durch Schlaganfälle um 29,2 Prozent verringert werden, wenn die Menschen nicht der Luftverschmutzung ausgesetzt wären.
Dabei geht es nicht nur um Feinstaub in der Umgebungsluft, sondern auch um die Luftbelastung in Wohnungen durch Kochen mit festen Brennstoffen, vor allem Kohle. Deshalb waren diese Daten in afrikanischen Ländern südlich der Sahara und in Südasien besonders hoch. Insgesamt zeigt sich ein großer Unterschied zwischen den Weltregionen: Während die Luftverschmutzung bei den Industrienationen nur 10,2 Prozent der Dalys ausmacht, liegt dieser Wert in den Entwicklungsländern bei 33,7 Prozent. Zum Vergleich: Der Daly-Wert für das Rauchen liegt weltweit bei 20,7 Prozent.
Als mögliche Mechanismen, wie die verschmutzte Luft das Schlaganfallrisiko vergrößert, nennen die Forscher: schädliche Einwirkung auf die Innenhaut der Blutgefäße, erhöhtes Risiko einer Thrombose und die Erhöhung des Blutdrucks. Ein zu hoher Blutdruck ist der Studie zufolge der Risikofaktor Nummer Eins bei Schlaganfällen. Weitere wichtige Faktoren sind eine fruchtarme Ernährung, Übergewicht, zu viel Salz in der Nahrung und das Rauchen.
Was Feigin und Kollegen besonders betonen: Über 90 Prozent der Risikofaktoren können Mensch und Gesellschaft beeinflussen – wie Ernährung oder Luftverschmutzung. Das gilt insbesondere für das Verhalten jedes Einzelnen: “Rauchen, schlechte Ernährung und wenig Bewegung sind weltweit einige der wichtigsten Risikofaktoren für Schlaganfälle”, sagt Feigin laut einer Pressemitteilung des Magazins The Lancet Neurology. “Diese Risikofaktoren im Zaum zu halten, könnte weltweit drei Vierteln der Schlaganfälle vorbeugen.” Die Summe der Prozentangaben übersteigt in dieser Studie nach Angaben der Autoren 100 Prozent, da sich viele Risikofaktoren überlappen.
In einem Kommentar im selben Magazin heben Vladimir Hachinski von der University of Western Ontario, London (Kanada) und Mahmoud Reza Azarpazhooh von der Mashhad University of Medical Sciences in Mashhad (Iran) hervor: “Die systematische Analyse der Schlaganfall-Belastung durch Feigin und Kollegen ist ein rechtzeitiger, verbindlicher und datenbasierter Leitfaden für die Schlaganfall-Prävention und Verringerung der Krankheitsbelastung.” Vor allem in Städten sei es einfach, ungesundes Essen zu kaufen und schwer, Bewegung zu bekommen. Das zeige die Schwierigkeit auf, einen gesunden Lebensstil in einer ungesunden Umgebung zu erreichen.