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Sklerosierende Cholangitis: Autoimmunerkrankung im Fokus

Der Name ist so kompliziert wie die Krankheit: Primär sklerosierende Cholangitis. Mediziner wollen herausfinden, was dieses seltene Gallenleiden auslöst. Ihre Erkenntnisse könnten möglicherweise se

Der Name ist so kompliziert wie die Krankheit: Primär sklerosierende Cholangitis. Mediziner wollen herausfinden, was dieses seltene Gallenleiden auslöst. Ihre Erkenntnisse könnten möglicherweise sehr vielen Menschen nützen.

Christoph Schramm –Medizinischer Leiter des Martin-Zeitz-Centrum für Seltene Erkrankungen am UKE

Die Erforschung seltener Erkrankungen kann sich lohnen, nicht nur für die vergleichsweise wenigen Betroffenen. Der Hamburger Mediziner Christoph Schramm (46) erläutert das am Beispiel der Primär sklerosierenden Cholangitis. Die kurz PSC genannte Krankheit ist eine chronische Entzündung der Gallengänge, die zum Versagen der Leber führt. “Ich glaube, dass wir bei dieser Krankheit die Gelegenheit haben, grundlegende Mechanismen zu entdecken im Zusammenhang zwischen Leber und Darm”, sagt der Gastroenterologe. Zum Beispiel könne Fettleibigkeit über die Keime im Darm gesteuert werden, wie Versuche mit Mäusen gezeigt hätten.

Es sind derzeit ungefähr 6000 seltene Krankheiten bekannt. Als selten gilt ein Leiden dann, wenn weniger als 50 von 100 000 Menschen betroffen sind. Für Pharma-Unternehmen lohnt sich die Forschung an einer Therapie oder einem Medikament meist nicht, die Gewinnmöglichkeiten bei einem hochspeziellen Mittel wären zu gering.

Am Universitätsklinikum Eppendorf gibt es seit 2013 das “Martin-Zeitz-Centrum für Seltene Erkrankungen”, das Patienten aus ganz Deutschland hilft und die Forschung vorantreibt. Schramm ist seit kurzem der medizinische Leiter des Centrums. Sein Spezialgebiet sind die autoimmunen Lebererkrankungen, zu denen auch die PSC gehört.

Patientin irrte mit Ihrem Leiden von Arzt zu Arzt

Zu den Patienten, denen Schramm bereits helfen konnte, zählt Katja Koenen aus Oldenburg (Niedersachsen). Ganz entscheidend war für die heute 26-Jährige, überhaupt eine klare Diagnose zu bekommen. Sie sei mit ihrem Leiden mehrere Jahre von Arzt zu Arzt geirrt. “Keiner konnte mir sagen, was es ist.” Die Krankheit war auch nicht leicht zu erkennen.

“Was ganz schlimm war, dass ich immer so einen Juckreiz hatte und so müde war”, erzählt sie. Sie hatte allerdings auch Neurodermitis und eine Darmentzündung. Da sie wusste, dass mit ihrer Leber ebenfalls etwas nicht stimmte, fragte sie sich, ob da ein Zusammenhang besteht. Die Antwort der Ärzte lautete: Nein. “Das war das Nervigste: Man hat gesagt, ich bilde mit das alles nur ein.”

Schließlich wurde sie an Prof. Schramm nach Hamburg überwiesen. Er diagnostizierte die PSC – und konnte ihr wenig Hoffnung machen. Eine Untersuchung zeigte, dass sie schon eine Leberzirrhose hatte und ein neues Organ brauchen würde.

Gesundheitszustand verschlechterte sich rapide

Zunächst versuchte sie, den Fluss ihrer Gallenflüssigkeit mit einem Medikament zu verbessern. Doch das Leiden wurde schlimmer. “Ich war gelb, hatte gelbe Augen und gelbe Haut.” Ihre Mutter rettete sie. Die damals 47-Jährige spendete ihrer Tochter zwei Drittel ihrer eigenen Leber. “Wir wurden gleichzeitig operiert”, schildert Koenen die Lebendspende. “Wir hatten Glück, denn die Leber ist bei mir und meiner Mutter nachgewachsen.”

Inzwischen fühlt sich die junge Frau beinahe geheilt. “Seitdem ich transplantiert bin, ist das wie ein Kippschalter, der umgelegt wird.” Sie muss Medikamente zur Unterdrückung der Immunabwehr schlucken und hat noch “ein paar Wehwehchen”. Aber sie studiert weiter Musik, Biologie und Philosophie, um Lehrerin zu werden.

An PSC erkranken meist junge Erwachsene, manchmal sogar schon Kinder. Vor allem in der nördlichen Hemisphäre, Tendenz steigend. In Hamburg sind es etwa 300 Patienten, deutschlandweit mehrere tausend, sagt Schramm. Um ihnen helfen zu können, müssen die Mediziner zunächst die Entstehung der Krankheit erforschen. Warum greift die Immunabwehr das körpereigene Gewebe an? Eine klinische Forschergruppe soll dieser Frage in Hamburg nachgehen.

Vier Millionen Euro Forschungsgelder

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert die Arbeit der 35 Wissenschaftler mit vier Millionen Euro. Die Hamburger Greve-Stiftung finanziert die Stiftungsprofessur von Schramm für fünf Jahre mit 1,25 Millionen Euro. Auch ihre Tante leide seit ihrer Kindheit an einer seltenen Krankheit, erklärt Eva-Maria Greve, Tochter der Stifter, ihre Motivation. Weiteres Geld kommt von der Yael-Stiftung.

Die Forscher vermuten, dass eine bestimmte Zusammensetzung der Darmflora die Entzündung der Leber oder des Darms fördert. “Wenn wir herausfinden könnten, welche Keime die guten und welche die schlechten sind, dann könnte man beispielsweise über Ernährung oder Antibiotika auch den Verlauf der PSC beeinflussen”, sagt Schramm.

Auf die Darmflora wirken auch die Gallensäuren ein. Wie Hormone steuerten diese den Fett- und Zuckerstoffwechsel, aber auch Entzündungen. Und das seien Vorgänge die auch für Volkskrankheiten wie Diabetes, Fettleibigkeit und Fettleberhepatitis “extrem relevant” seien. Darum erwache inzwischen auch das Interesse der Pharma-Industrie an der PSC.

Schramm und seine Kollegen wollen ihre Forschungsarbeit zum diesjährigen “Tag der Seltenen Erkrankungen” vorstellen. Für den 27. Februar ist ein Arzt-Patienten-Seminar zu den autoimmunen Lebererkrankungen mit mehr als 250 Teilnehmern geplant. Zuvor hält Schramm seine Antrittsvorlesung zum Thema: “Seltene Autoimmune Lebererkrankungen – Herausforderung für die Forschung”.

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Text und Foto: dpa /fw