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Entwicklungskette einer seltenen Knochenmarkserkrankung aufgeklärt

Erkrankungen, bei denen das Knochenmark keine gesunden Blutzellen produzieren kann, werden unter dem Begriff myelodysplastisches Syndrom zusammengefasst. Mögliche Ursache ist die Mutation in einem Tumorsupressor-Gen. Dies berichten Wissenschaftlern der Charité Universitätsmedizin Berlin in der aktuellen Ausgabe im Journal of Clinical Investigation.

Verlust von Chromosomen nicht zufällig, sondern gezielter Mechanismus

Erkrankungen, bei denen das Knochenmark keine gesunden Blutzellen produzieren kann, werden unter dem Begriff myelodysplastisches Syndrom zusammengefasst. Mögliche Ursache ist die Mutation in einem Tumorsupressor-Gen. Dies berichten Wissenschaftlern der Charité Universitätsmedizin Berlin in der aktuellen Ausgabe im Journal of Clinical Investigation. 

Kennzeichen der myelodysplastischen Syndrome (MDS) sind ein Mangel an funktionstüchtigen roten Blutkörperchen, bestimmten weißen Blutkörperchen und Blutplättchen. Während diese drei Zellarten bei gesunden Menschen aus den Blutstammzellen im Knochenmark gebildet werden, ist der Blutbildungsprozess bei MDS-Patienten gestört und kann zu einem späteren Zeitpunkt zu einer akuten myeloischen Leukämie (AML) führen.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Annette Grüters-Kieslich, Direktorin der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Endokrinologie und Diabetologie, fanden durch die Suche nach der Ursache einer seltenen Erkrankung einen möglichen Auslöser für die Entwicklung eines MDS bei Kindern, die zusätzlich unter einer Monosomie 7 des Knochenmarks litten. In diesen Fällen liegt das siebte von den insgesamt 23 Chromosomen aufgrund eines Chromosomenverlusts nur einfach, anstatt wie sonst üblich in doppelter Form, vor.

In Kooperation mit Wissenschaftlern in England und Freiburg untersuchten die Forscher insgesamt sieben Kinder, die alle unter ähnlichen Symptomen litten: einem angeborenen Versagen der Nebenniere, der Keimdrüsen und schweren Infekten der Lunge. Mittels innovativer genetischer Diagnostik konnten die Wissenschaftler bei allen Kindern eine Mutation in einem auf Chromosom 7 lokalisierten Tumorsupressor-Gen (SAMD9) nachweisen. Durch weitere Untersuchungen in Zellsystemen konnten sie zudem zeigen, dass diese angeborene Mutation ursächlich für die schweren Entwicklungsstörungen ist und sich sowohl die Monosomie als auch im weiteren Verlauf das myelodysplastische Syndrom als Antwort auf die Mutation entwickeln.

“Im Knochenmark haben Zellen, die das Chromosom 7 mit der Mutation verloren haben, einen erheblichen Selektionsvorteil“, erklärt Prof. Annette Grüters-Kieslich. “Möglicherweise erfolgt der Verlust von ganzen Chromosomen oder Chromosomenteilen bei bösartigen Erkrankungen nicht zufällig, sondern deutet auf einen gezielten Mechanismus hin, um einen genetischen Defekt abzustoßen. Damit würde die Bedeutung des hier erstmals beschriebenen Entstehungsmechanismus der Myelodysplasie weit über dieses seltene Krankheitsbild hinausreichen“, fügt die Wissenschaftlerin hinzu. In Kooperation mit anderen Zentren soll nun untersucht werden, ob SAMD9-Mutationen auch die Ursache von anderen Formen des myelodyplastischen Syndroms sein können.