Nun melden Forscher, die an einer weltweit ersten Ausführung eines solchen Gerätes arbeiten, dass sie hoffnungsvoll sind, noch im Laufe diesen Jahres erste Pilotstudien am Menschen starten zu können.
Laut dem US Organ Procurement and Transplantation Network gibt es in den USA gegenwärtig 100.000 Patienten, die auf eine Spenderniere warten. Letztes Jahr konnten, mangels Transplanteten, allerdings nur 17.108 Menschen durch eine entsprechende Operation dauerhaft gerettet werden. Eine Nierentransplantation ist heutzutage die bestmögliche Behandlungsmethode eines Nierenversagens im Endstadium. Allerdings steht das Angebot möglicher Spenderorgane in einem starken Missverhältnis zur Nachfrage.
Insgesamt schätzt die National Kidney Foundation, dass mehr als 460.000 Amerikaner von einer Nierenerkrankung im terminalen Stadium betroffen sind. Jeden Tag sterben dortzulande im Mittel 13 Menschen, da sie nicht rechtzeitig mit einem Spenderorgan versorgt werden konnten. Die jährlichen Ausgaben der Krankenversicherungen für Patienten mit Nierenerkrankungen lagen 2012 bei rund $87 Mrd. – exklusive verschreibungspflichtiger Medikamente.
William H. Fissell IV, ein Nieren-Spezialist und Privatdozent für Medizin am Vanderbilt University Medical Center in Nashville, Tennessee, und sein Team hoffen, dieser verheerenden Situation schon bald ein Ende setzen zu können. Er erklärt, dass sie an der Entwicklung eines bio-hybrid Gerätes arbeiten, welches die Funktionen der Niere effektiv nachahmen kann. Es soll Abfallprodukte, überschüssiges Wasser und Salz aus der Blutbahn entfernen und Patienten auf diesem Wege eine Dialyse ersparen.
Das Ziel und zugleich die größte Herausforderung ist es, den Apparat so klein zu gestalten, dass er in etwa die Größe einer Cola-Dose erreicht. Nur ein so kleines Gerät kann dann später in den Körper eines Patienten eingesetzt werden, ohne Probleme zu verursachen.
Die implantierbare künstliche Niere besteht aus mehreren Mikrochip-Filtern sowie lebenden Nierenzellen. Angetrieben wird sie durch das Herz des Patienten.
Der Microchip verwendet die gleiche Silizium-Nanotechnologie, die auch von der Mikroelektronikindustrie für Computer verwendet wird. Laut Prof. Fissell sind die Chips kostengünstig, präzise und somit die idealen Filter. Jedes Gerät enthält etwa 15 solcher Mikrochips, die übereinander gestapelt werden.
Jeder Mikrochip-Filter enthält Poren, die als Gerüst für eine aus lebenden Nierenzellen bestehende Membran dient. Diese Membran übernimmt letztendlich die natürlichen Funktionen der Niere. Das Team konzipiert bei der Herstellung des Filters jede Pore einzeln, um so zu garantieren, dass jede auch genau das tut was sie soll.
Glücklicherweise gedeihen die benötigten Zellen in den Laborschalen gut. Nur mit ihnen können sie eine entsprechende Membran entwickeln, die genau weiß, welche Bestandteile des Blutes als Nährstoffe resorbiert, und welche als Abfallprodukte im Urin landen und ausgeschieden werden.
Auf diese Weise, sagt Prof. Fissell, “können wir die Errungenschaften von Mutter Natur aus 60 Millionen Jahren der Forschung und Entwicklung nutzen”, um einen Bioreaktor aus lebendigen Zellen herzustellen, der unsere Nieren im besten Falle ersetzen kann.
Das neue Gerät benötigt keinerlei externe Energiequelle. Stattdessen liefert das Herz des Patienten, die nötige Energie, um das Blut durch die Filter hindurch zu pressen. Es wird also die selbe Kraft genutzt, die auch unser Blut durch unsere Gefäße fließen lässt.
So einfach wie das allerdings klingen mag ist es am Ende leider nicht. Besonders eine Herausforderung ergibt sich aus dieser Technik: die Strömungsdynamiken des Blutes in den Filtern muss so eingestellt werden, dass es nicht zur Bildung von Blutgerinnseln kommt. Dr. Amanda Buck, eine Ingenieurin für Biomedizin mit Schwerpunkt auf Strömungsmechanik, ist für genau diesen kniffligen Teil des Projektes zuständig.
Dr. Buck verwendet Computermodelle, um die Form der Kanäle so zu verfeinern, dass in ihnen ein möglichst glatter Blutfluss entsteht. Ist dieser Schritt getan, produziert das Team mit Hilfe von 3D Druckern einen Prototyp, an dem getestet werden kann, wie reibungslos das Blut tatsächlich hindurchfließt.
Prof. Fissell gibt darüber hinaus an, dass sich die künstliche Niere außerhalb der Erfassungsbereichs unseres Immunsystems befindet, weshalb eine Abstoßung durch den Körper sehr unwahrscheinlich ist. Anders als bei menschlichen Nierentransplanteten, passt das Gerät somit zu jedem Empfänger.
Das Team ist zuversichtlich die Silizium-Filter bis Ende 2017 in ersten Pilotstudien testen zu können. Prof. Fissell erklärt, er habe bereits jetzt eine lange Liste von Patienten, die sehr daran interessiert sind, an solchen ersten Testungen teilzunehmen.
Text: esanum / pvd
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