Notaufnahmen durch MTS und SmED entlasten Logo of esanum https://www.esanum.de

Entlastungspotenzial für Klinik-Notaufnahmen

Notaufnahmen von Krankenhäusern können durch eine Kombination aus MTS und SmED deutlich entlastet werden.

Viertel der Patienten in Notaufnahmen können vertragsärztlich versorgt werden

Etwa ein Viertel der Patienten in Notaufnahmen können vertragsärztlich statt in der Klinik versorgt werden. Dabei handelt es sich zum größten Teil um Selbsteinweiser, die rund 60 Prozent aller Patienten in der Notaufnahme ausmachen. Die meisten dieser Patienten – fast 90 Prozent – werden in der KV-Bereitschaftspraxis versorgt, der Rest bei anderen Vertragsärzten. Somit können Notfallambulanzen und Krankenhauskapazitäten mit der Kombination von MTS und SmED am gemeinsamen Tresen der Notfallaufnahme beträchtlich entlastet werden.

Das ist das Ergebnis einer Machbarkeitsstudie von ZI und KVB am Klinikum RoMed in Rosenheim. Deren Zentrale Notaufnahme versorgt jährlich rund 45.000 Patienten und ist als "umfassende Notfallversorgung" eingestuft. In Zusammenarbeit mit der KVB betreibt die Klinik eine Bereitschaftspraxis in  den Nachbarräumen. Die Erhebung fand vom 1. bis zum 30. Juli 2021 statt und erfasste 1.627 Patienten, die die Notaufnahme zwischen 8 und 21 Uhr aufsuchten oder dorthin verbracht worden waren.

Stichproben mit SmED zur Identifikation von Redflags durchgängig erfolgreich

Um den Behandlungsbedarf zu erkennen, sind alle Patienten zunächst durch die Sichtungs-Fachkraft des Klinikums mit dem Manchester Triage System nach Dringlichkeit priorisiert worden. Es teilt die Patienten farbcodiert in fünf Gruppen ein: sofort (rot), sehr dringend (orange),  Patienten mit dringendem Versorgungsbedarf (gelb), normal (grün) und nicht dringend (blau). In den letzteren Kategorien sollte die Wartezeit maximal 90 oder 120 Minuten betragen. Darüber hinaus wurden die Patienten durch eine Fachkraft der KV mit Hilfe von SmED eingeschätzt. Wenn daraus eine Empfehlung zur vertragsärztlichen Behandlung hervorging, wurden die Patienten an die KVB-Bereitschaftspraxis weitergeleitet. Zu Praxisöffnungszeiten war auch eine Konsultation per Videotelefonie oder eine Direktinanspruchnahme von Vertragsarztpraxen möglich.

Nach Einschätzung von Dr. Michael Bayeff-Filloff, dem Chefarzt der Zentralen Notaufnahme am Rosenheimer Klinikum, ist dieses gestufte Verfahren ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Sicherheit von Patienten und zur Entlastung der Notaufnahmen von minder schweren Fällen. Personen mit besonderen Risiken seien sofort identifiziert worden. Auch Stichproben mit SmED zur Identifikation sogenannter Redflags seien durchgängig erfolgreich gewesen. Von den Patienten, die einem Vertragsarzt vor Ort oder per Videotelefonie vorgestellt wurden, wurde ein Fünftel zur weiteren Diagnostik in die Notaufnahme eingewiesen. 

Gestuftes Verfahren mit MTS und SmED erfordert zusätzliches Personal

Im Gesamtergebnis seien drei Viertel aller Hilfesuchenden durch die Notaufnahme selbst behandelt worden, ein Viertel durch Vertragsärzte. Unter den selbsteinweisenden Patienten lag der Anteil, der durch Vertragsärzte behandelt werden könnte, mit einem Drittel deutlich höher. 

Eine weitere Entlastung der Notaufnahme hält Bayeff-Filloff noch für möglich, wenn etwa ein Teil der vom Rettungsdienst eingelieferten Patienten auch durch Ärzte des KV-Bereitschaftsdienstes versorgt werden und  die Bereitschaftspraxis mehr diagnostische Möglichkeiten erhielte und auch Unfallchirurgen als mitarbeitende Ärzte gewonnen werden könnten.  Zu beachten sei allerdings, dass das gestufte Verfahren mit MTS und SmED zusätzliches Personal am Tresen erfordere.

Bereitschaftspraxen enger mit Klinikstrukturen koordinieren 

Auf Basis  dieser Ergebnisse will die KV Bayerns ihr Netz von 135 Bereitschaftspraxen, davon 119 an Kliniken noch enger mit den Klinikstrukturen koordinieren, kündigte  ihr Vorsitzender Dr. Wolfgang Krombholz an. Ein mögliches Ziel sei es, vertragsärztlich behandelbare Patienten direkt in verfügbare und gut erreichbare Praxen zu vermitteln oder vorab zur Ersteinschätzung ein Videogespräch mit der Praxis zu vereinbaren. 

Die Machbarkeitsstudie wird 2022 fortgeführt.