Der nächste Hautarzt, der den Leberfleck begutachten kann, praktiziert kilometerweit entfernt. Künftig könnte es sein, dass der Patient einfach seinen Rechner anschaltet und online mit einem Mediziner kommuniziert, anstatt in die Stadt zufahren. Die Digitalisierung der Medizin sei ein wichtiges Zukunftsfeld, sagte der Vorstandsvorsitzende des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Prof. Jens Scholz, am Dienstag anlässlich der Eröffnung des Fachkongresses “Vernetzte Gesundheit” in Kiel. Rund 450 Experten diskutieren bis Mittwoch in verschiedenen Workshops und nach Vorträgen unter anderem über dieses Thema.
“Durch kreativen Einsatz digitaler Lösungen lassen sich die Patientenversorgung optimieren, Diagnose-, Therapie- und Nachsorgeangebote verbessern und Prävention etwa mit Fitness-Apps attraktiver machen”, sagte Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD), dessen Haus den Kongress ausrichtet. Mit Blick auf die für die Telemedizin nötige Infrastruktur sagte Meyer, Schleswig-Holstein sei mit seiner Glasfaserstrategie auf dem richtigen Weg und mit einer Haushalts-Anschlussquote von 23 Prozent bundesweit Spitze.
“Wir hoffen sehr, dass die Landesregierung an ihrem Plan zum Ausbau der Breitbandversorgung festhält”, sagte der Leiter der Landesvertretung der Techniker Krankenkasse (TK), Johann Brunkhorst. Denn gerade in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein könnten telemedizinische Angebote hilfreich sein, die Versorgung zukunftssicher zu gestalten. In fünf bis zehn Jahren würden Online-Video-Sprechstunden in ländlichen Gebieten wahrscheinlich weit verbreitet sein. Einer Forsa-Umfrage unter TK-Versicherten zufolge stehen die Befragten der Digitalisierung im Gesundheitswesen offen gegenüber. 52 Prozent gaben an, mit ihrem Arzt via Internet in Kontakt treten zu wollen oder dies bereits getan zu haben.
Der Gesundheitssektor mit annähernd 10 000 schleswig-holsteinischen Betrieben und mehr als 13 000 Selbstständigen sei enorm leistungsstark, sagte Wirtschaftsminister Meyer. Es gebe aber noch viel Potenzial, wenn sich die Akteure noch besser verzahnten. “Es fehlt dieser Branche nach meinem Eindruck vielfach noch das in anderen Wirtschaftsbereichen stark ausgeprägte ‘Wir-Gefühl’ – und gerade das ist in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein besonders wichtig.”
Potenziale lägen unter anderem im im privat finanzierten Sport- und Wellnessbereich – aber auch im Tourismus oder im Rehabilitationssektor. Immer mehr Menschen breit seien, in ihre Gesundheit zu investieren. “Im Tourismus sind wir zweifellos schon stark – aber die Kombination mit Prävention und Rehabilitation halte ich für ausbaufähig”, sagte Meyer.
Text: dpa /fw
Foto: everything possible / Shutterstock.com