Deutlich erhöhtes Krebsrisiko bei Kindern mit Fanconi-Anämie und Ataxia-Teleangiectasia Logo of esanum https://www.esanum.de

Deutlich erhöhtes Krebsrisiko bei Kindern mit Fanconi-Anämie und Ataxia-Teleangiectasia

Eine bundesweite Kohortenstudie mit Daten aus dem Deutschen Kinderkrebsregister der Universitätsmedizin Mainz zeigt, dass das Krebsrisiko bei Kindern mit Fanconi-Anämie und Ataxia-Teleangiectasia deutlich erhöht ist.

Angeborene Erkrankungen, die die Entstehung von Krebs begünstigen

Eine bundesweite Kohortenstudie mit Daten aus dem Deutschen Kinderkrebsregister hat gezeigt, dass das Risiko für eine Krebserkrankung bei Kindern mit den Krebsprädispositionssyndromen Fanconi-Anämie (FA) und die Ataxia-Teleangiectasia (AT), (auch Louis-Bar-Syndrom genannt) im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung deutlich erhöht ist.

"Nie zuvor wurde das Krebsrisiko dieser Krebsprädispositionssyndrome in einer bevölkerungsbezogenen Kohorte bewertet", erläutert die Leiterin des Deutschen Kinderkrebsregisters an der Universitätsmedizin Mainz, Dr. Friederike Erdmann. Im Rahmen der Studie wurden die Daten von 581 Betroffenen analysiert, die zwischen 1973 und 2020 durch Referenzlabore für DNA-Reparaturstörungen in Würzburg und Hannover diagnostiziert wurden. Die Wissenschaftler:innen identifizierten 421 Betroffene mit FA und 160 mit AT. Mit Hilfe eines Verschlüsselungsalgorithmus zur Pseudonymisierung der Daten war ein Abgleich mit dem Deutschen Kinderkrebsregister in Mainz unter Wahrung der persönlichen Daten möglich. In dem am Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI) der Universitätsmedizin Mainz angesiedelten Register werden nahezu alle Krebsfälle im Kindesalter in Deutschland gemeldet.

56-fach erhöhtes Krebsrisiko bei betroffenen Kindern

"Der Ansatz, eine Kohorte von Betroffenen stochastisch mit dem Deutschen Kinderkrebsregister abzugleichen, bietet eine sehr gute Basis für die Bewertung des Risikos dieser Personen im Kindesalter", betont PD Dr. Claudia Spix, Statistikerin und Epidemiologin am IMBEI. "Basierend auf diesem Vorgehen betrug das Risiko, vor dem 18. Geburtstag an Krebs zu erkranken bei Kindern mit FA 11 Prozent und bei Kindern mit AT 14 Prozent. Im Vergleich zu allen Kindern in der Allgemeinbevölkerung entspricht dies einem 39-fach erhöhten Krebsrisiko bei FA-Betroffenen und einem 56-fach erhöhten Krebsrisiko bei Kindern mit AT."

FA und der AT gehören zu den seltenen Erkrankungen

Bei FA und AT handelt es sich seltene Erkrankungen, bei denen weniger als fünf von 10.000 Menschen betroffen sind. Verursacht werden sie durch genetische Veränderungen und daraus resultierende fehlerhafte Vorgänge bei der DNA-Reparatur. Kennzeichnend für die FA ist ein erhöhtes Risiko für Knochenmarksversagen und die Entwicklung von Leukämien und Tumoren. AT äußert sich im frühen Kindesalter durch neurologische Symptome mit zunehmendem Verlust der Muskelkontrolle und Gleichgewichtsstörungen, aber auch durch eine Immunschwäche und ein erhöhtes Leukämie- und Lymphomrisiko.

Die Datenanalyse im Rahmen der registergestützten Kohortenstudie ergab, dass von den 421 Betroffenen mit FA 33 im Kindesalter an Krebs erkrankten, insbesondere an myeloischen Neoplasien, also bösartigen Erkrankungen des Knochenmarks. Von den 160 Betroffenen mit AT erkrankten im Kindesalter 19 Personen an Krebs, zumeist an Non-Hodgkin und Hodgkin Lymphomen sowie Leukämien.

Quelle:
Dutzmann et al: Cancer in Children With Fanconi Anemia and Ataxia-Telangiectasia – A Nationwide Register-Based Cohort Study in Germany. J Clin Oncol 2021; Oct 1;JCO2101495. Online ahead of print.