Wissenschaftler konnten zeigen, dass luftgetragene Schadstoffe aus dem Straßenverkehr in einem Mausmodell Alzheimer und die Bildung der damit assoziierten Amyloid Plaques beschleunigen sowie motorische Defizite verstärken. Die entsprechende Studie wurde jetzt im Journal "Particle and Fibre Toxicology" veröffentlicht.
In den letzten Jahren mehren sich Hinweise darauf, dass sich Luftverschmutzung negativ auf die Funktion des Gehirns auswirken und somit die Entstehung bzw. den Verlauf von Alterskrankheiten wie z. B. Alzheimer oder andere Formen von Demenz beeinflussen kann. So konnten Wissenschaftler des IUF – Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung aus Düsseldorf in einer epidemiologischen Studie mit älteren Frauen 2009 weltweit erstmals einen statistischen Zusammenhang zwischen langjähriger verkehrsbedingter Feinstaubbelastung und der Verminderung kognitiver Fähigkeiten zeigen.¹
Eine solche Beeinträchtigung geht mit einem erhöhten Risiko einher, die Alzheimer-Krankheit zu entwickeln. Bestärkt wird der Befund am IUF u. a. durch eine große epidemiologische Studie aus Kanada, die kürzlich in ihrer Kohorte eine Assoziation zwischen Demenz und dem Wohnen an dicht befahrenen Straßen feststellte.² Mit diesen epidemiologischen Studien, in denen Zusammenhänge beschrieben werden, kann jedoch kein kausaler Zusammenhang belegt werden.
Daher hat das IUF 2012 das internationale Leibniz-Projekt AIRBAG (AIR pollutants and Brain Aging research Group) initiiert, das von Dr. Roel Schins, IUF, und Prof. Flemming Cassee, Rijksinstituut voor Volksgezondheid en Milieu (RIVM), Niederlande, geleitet wird. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass luftgetragene Schadstoffe aus Dieselfahrzeugen, die als Beispiel für verkehrsbedingte Luftverschmutzung verwendet wurden, in einem Mausmodell die Alzheimer-Krankheit und die Bildung der mit Alzheimer assoziierten Amyloid Plaques beschleunigen und die motorischen Defizite verstärken.
"Mit unserer toxikologischen Studie schlagen wir eine Brücke zu den bestehenden epidemiologischen Befunden. Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und Erkrankungen des zentralen Nervensystems gibt", so Dr. Roel Schins vom IUF. "In weiteren Studien in den kommenden Jahren soll geklärt werden, ob die gleichen Ergebnisse im realen Straßenverkehr reproduzierbar sind, welche Relevanz die Befunde für den Menschen haben, welche Bestandteile (Rußpartikel oder gasförmige Stoffe) des Abgasgemischs die Schäden verursachen, wie die zugrunde liegenden Mechanismen aussehen und welche präventivmedizinischen Maßnahmen gegebenenfalls sinnvoll sind", so Prof. Jean Krutmann, Direktor des IUF.
Referenzen:
1. Ranft U, Schikowski T, Sugiri D, Krutmann J, Krämer U: Long-term exposure to traffic-related particulate matter impairs cognitive function in the elderly. Environ Res 109(8): 1004-1011, 2009. doi: 10.1016/j.envres.2009.08.003.
2. Chen H, Kwong JC, Copes R, Tu K, Villeneuve PJ, van Donkelaar A, Hystad P, Martin RV, Murray BJ, Jessiman B, Wilton AS, Kopp A, Burnett RT: Living near major roads and the incidence of dementia, Parkinson's disease, and multiple sclerosis: a population-based cohort study. Lancet 389: 718-726, 2017. doi: 10.1016/S0140-6736(16)32399-6.