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Debatte: Wie soll eine Lockerung der Corona-Maßnahmen erfolgen?

Die Fachleute haben ihre Empfehlungen abgegeben, nun muss die Politik entscheiden: Wann werden Corona-Beschränkungen wieder gelockert? Die Debatte darüber ist in vollem Gange.

Rückkehr zur Normalität unter Auflagen?

Die Fachleute haben ihre Empfehlungen abgegeben, nun muss die Politik entscheiden: Wann werden Corona-Beschränkungen wieder gelockert? Die Debatte darüber ist vor dem Treffen von Merkel und den Landesoberhäuptern am 15.04. in vollem Gange.

Vor dem möglicherweise entscheidenden Gespräch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten am 15.04. fordern immer mehr Stimmen aus der Politik Lockerungen der Corona-Beschränkungen. Die Grünen-Chefs Annalena Baerbock und Robert Habeck plädierten dafür, Schulen und auch Kitas nach und nach wieder zu öffnen - aber begleitet von Vorsichtsmaßnahmen. Die SPD-Ministerpräsidenten wollen mögliche Lockerungen an eine Reihe von Indikatoren knüpfen. Unterdessen sprach sich Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) für eine Stoffmaskenpflicht aus.

Die nationale Wissenschafts-Akademie Leopoldina hatte am 13.04. für einen "realistischen" Zeitplan zurück zur Normalität plädiert. Die einflussreichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler empfahlen, Schulen "sobald wie möglich" wieder zu öffnen - angefangen bei Grundschulen sowie Unter- und Mittelstufen. Die Leopoldina nannte allerdings auch zahlreiche Voraussetzungen, damit das öffentliche Leben wieder normaler ablaufen kann: Die Zahl der Neuinfektionen müsse sich auf niedrigem Niveau stabilisieren. Kliniken bräuchten genug Reserve. Schutzmaßnahmen wie Hygiene, Abstandsregeln und auch das Tragen von Schutzmasken müssten eingehalten werden. Dann könnten Einzelhandel und Gastgewerbe wieder öffnen, Menschen wieder reisen. Für den öffentlichen Personenverkehr empfehlen sie eine Mundschutz-Pflicht.

Bundesbildungsministerin Karliczek sagte zu einer möglichen Maskenpflicht: "Alle Vorsichtsmaßnahmen wie die Abstands- und Hygienegebote müssen weiterhin strikt eingehalten werden - und zusätzlich muss ein Mund-Nase-Schutz im öffentlichen Raum getragen werden, wie auch die Wissenschaftler der Leopoldina in ihrer Stellungnahme ausführen."

Spahn besucht Uniklinikum Gießen und Marburg

Am 14.04. beraten die Bildungsministerinnen und -minister der Bundesländer per Videokonferenz über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) besucht mit Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) das Uniklinikum Gießen und Marburg. Bei einer Pressekonferenz am Nachmittag dürfte er sich auch zu Erwartungen an das Gespräch mit der Bundeskanzlerin am 15.04. zum weiteren Vorgehen in der Corona-Krise äußern.

Dann wird darüber beraten, wie nach dem 19. April verfahren wird. Die Runde hatte am 22. März zunächst für zwei Wochen umfassende Einschränkungen beschlossen. Diese wurden dann bis in die Woche nach Ostern verlängert.

Grüne: Schulen stufenweise wieder öffnen

Die Grünen-Chefs Baerbock und Habeck schrieben einen Brief an die Parteimitglieder, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. "Abschlussklassen sollten als erste wieder in die Schulen", heißt es darin. Auch die Klassen eins bis sechs sollten Priorität haben, weil die Betreuung der jüngeren Kinder besonders wichtig sei.

"Kitas sollten schrittweise geöffnet werden", so Baerbock und Habeck - erst für Kinder mit einem Elternteil in systemrelevanten Berufen, dann auch für andere, vor allem an Orten mit geringen Infektionszahlen. Sowohl für Schülerinnen und Schüler als auch Kita-Kinder schlagen die beiden vor, Gruppen aufzuteilen, um sie zu verkleinern. Die Nationalakademie Leopoldina hatte empfohlen, Kitas bis zu den Sommerferien im Notbetrieb zu lassen und nur Fünf- bis Sechsjährige mit höchstens fünf Kindern im Raum auf den Übergang in die Grundschule vorzubereiten.

Bundesjustizministerin: Einschränkungen keinen Tag länger aufrechterhalten als unbedingt nötig

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht versicherte, dass nach der Corona-Krise alle freiheitsbeschränkenden Maßnahmen wieder zurückgenommen werden. "Als Justizministerin werde ich darauf hinwirken, dass die Einschränkungen keinen Tag länger aufrechterhalten werden als unbedingt nötig ist, um Leben und Gesundheit zu schützen", sagte die SPD-Politikerin. Derzeit sei oberstes Gebot der Schutz von Leben und Gesundheit. Dabei seien verhältnismäßige Einschränkungen einiger Grundrechte nicht vermeidbar. Diese Einschränkungen seien aber angemessen, niemand in der Bundesregierung sei "daran interessiert, die Maßnahmen auch nur einen Tag länger aufrecht zu erhalten als unbedingt notwendig".

Die SPD will mögliche Lockerungen der Corona-Regeln an eine Reihe von Indikatoren knüpfen. Das sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Zu den Indikatoren gehören für sie demnach eine niedrige Rate der Neuansteckungen, eine ausreichende Kapazität des Gesundheitssystems, die ausreichende Nachverfolgung von Infizierten und den Kontaktpersonen, die Ausweitung von Tests und ausreichend Schutzausrüstung. "Das müssen wir in Relation setzen, dann können wir in einer ersten Phase Teile des Wirtschaftslebens lockern und teilweise die Schulen", sagte die SPD-Politikerin. Wenn es dann keinen sprunghaften Anstieg von Neuansteckungen gebe, könne man in einer zweiten Phase weiter lockern, gegebenenfalls auch Teile der Gastronomie. Dabei müssten aber immer besondere Hygienemaßnahmen ergriffen werden.

Kubicki: Lockdown spätestens nach 19. April schrittweise aufheben

FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki forderte ein Wiederhochfahren des öffentlichen Lebens ab nächster Woche. "Ich glaube, dass der Lockdown spätestens nach dem 19. April schrittweise aufgehoben werden muss", sagte er. "Ich würde alle Geschäfte, die derzeit geschlossen sind, wieder öffnen lassen, sofern die Abstandsregeln dort einzuhalten sind. Im Zweifel geschieht das durch eine Einlasskontrolle." Auch bei Restaurants hält der FDP-Mann eine langsame Rückkehr zu normalen Verhältnissen für möglich - mit entsprechendem Abstand zwischen den Tischen.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer rechnet angesichts der Corona-Krise unterdessen nicht mehr mit einem Sonderparteitag zur Wahl ihres Nachfolgers vor dem regulären Delegiertentreffen Anfang Dezember in Stuttgart. "Mein Eindruck ist, je weiter wir hinter die Sommerpause rücken mit einem möglichen Sonderparteitag, desto geringer ist der Bedarf nach einem Parteitag, der dann nur wenige Wochen vor dem regulären stattfindet", sagte Kramp-Karrenbauer in Berlin.