Die elektronische Gesundheitskarte ist ab jetzt Pflicht – und sie kann einiges mehr, als bislang gezeigt. Datenschützer melden daran nun ihre Bedenken.
Thüringens Landesdatenschutzbeauftragter Lutz Hasse sieht die Zukunft der elektronischen Gesundheitskarte kritisch. Mit ihren jetzigen Funktionen könne sie nicht viel mehr als die bisherige Karte, sagte Hasse der Deutschen Presse-Agentur. „Sorgen bereiten mir eher ihre Weiterentwicklungsmöglichkeiten. “Die Einführung der neuen Karte sei ein erster Schritt hin zur großflächigen und Arzt-übergreifenden Nutzung elektronischer Patientenakten mit ihren sensiblen Informationen. Dies stelle sowohl rechtlich, als auch technisch, komplexere Anforderungen an alle in der Medizin Tätigen im Vergleich zu den bisher genutzten Medien zur Datenspeicherung.
Seit 1. Januar sind Patienten verpflichtet, bei Arztbesuchen in Deutschland die elektronische Gesundheitskarte vorzulegen. Etwa drei Wochen vor diesem Datum waren nach einer dpa-Recherche die meisten gesetzlich Krankenversicherten in Thüringen im Besitz des neuen Dokuments. Mit der Karte seien zwischen 96 und 99 Prozent der Versicherten ausgestattet, hieß es damals von mehreren gesetzlichen Krankenkassen.
Das Bundessozialgericht hatte im November die Rechtmäßigkeit der Einführung bestätigt. Weder der dort aufgebrachte Chip, noch die Pflicht, auf der Karte ein Foto zu hinterlegen, verletzten das Recht der Bürger auf den Schutz ihrer persönlichen Daten, hatte das Gericht entschieden.
Hasse sagte, trotz dieser juristischen Entscheidung hätten die deutschen Datenschutzbeauftragten mit Blick auf die Zukunft der Karte „Bauchschmerzen“. Sei die Karte in ihrer aktuellen Ausbaustufe kaum mehr als so etwas wie ein Schlüssel, mit dessen Hilfe Daten von einem Server abgerufen werden könnten, wäre es technisch in Zukunft durchaus denkbar, auf der Karte komplette Patientenakten zu hinterlegen. „Aber muss und darf der Zahnarzt wissen, dass sein Patient beim Psychotherapeuten ist und was der für eine Diagnose stellt?“
Um zu gewährleisten, dass Ärzte bei zukünftigen Ausbaustufen der elektronischen Gesundheitskarte nur auf solche Daten Zugriff haben, die sie wirklich brauchen, seien einerseits strenge Regeln nötig, bemerkte Hasse. Andererseits müsse dafür gesorgt werden, dass die Rechenzentren, in denen diese Daten gespeichert würden, wirklich umfassend von unbefugtem Zugriff geschützt sind. Derzeit verfügten viele Unternehmen, die mit solchen Daten umgingen, gar nicht über die technischen Voraussetzungen.
„Gesundheitsdaten gehören zu den sensibelsten Daten überhaupt, die Sie über Menschen überhaupt sammeln können“, betonte Hasse. Bei den Krankenhäusern in Thüringen gebe es bereits eine große Bereitschaft, sich mit datenschutzrechtlichen Problemen auseinanderzusetzen. Für eine ähnliche Haltung bei niedergelassenen Ärzten und Apothekern wolle er mit deren Verbänden sprechen.
Text und Foto: dpa /fw