Einen Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen – es ist die höchste Kategorie im Rahmen der frühen Nutzenbewertung - hat der Gemeinsame Bundesausschuss für das Krebstherapeutikum Sacituzumab Govitecan (Trodelvy) des Herstellers Gilead Sciences anerkannt.
Das Therapeutikum unter dem Handelsnamen Trodelvy ist seit Herbst 2021 zur Behandlung Erwachsener mit nicht resezierbarem oder metastasiertem triple-negativem Mammakarzinom, die zuvor zwei oder mehr systemische Therapien erhalten haben, darunter mindestens eine gegen die fortgeschrittene Erkrankung, zugelassen. Zweckmäßige Vergleichstherapie waren Capezitibin, Eribulin, Vinorelbin oder eine Anthrazyklin- oder Taxan-haltige Therapie als Monotherapien.
Unter den bislang möglichen Standardtherapien ist die Prognose für die betroffenen Patientinnen, darunter auch jüngere Frauen, schlecht und hat sich seit langem nicht verbessert. Zum Zeitpunkt der Diagnose beträgt das durchschnittliche Gesamtüberleben 17 Monate, fünf Jahre nach Metastasierung leben nur noch zwischen 7,4 und 12,8 Prozent der Patientinnen.
Die Verbesserung der Krankheitssituation für die Frauen bewertet der GBA-Vorsitzende Josef Hecken als „dramatisch“: die durchschnittliche Überlebenszeit verdoppelt sich nahezu um 5,2 auf 11,9 Monate. Das heißte aber auch, dass weiterhin keine Heilung möglich ist. „Erfreulich“, so Hecken, sei, dass die neue Therapie auch die Lebensqualität nachweislich signifikant verbessert.
Die Zahl der Patientinnen, die von der neuen Therapie profitieren können, beläuft sich laut Herstellerdossier auf 1.147 bis 2.367. Die Jahrestherapiekosten werden mit rund 170.000 Euro beziffert. Bei der teuersten zweckmäßigen Vergleichstherapie sind es rund 43.000 Euro.
Nach einer Indikationserweiterung wurde der Wirkstoff Nivolumab (Opdivo) des Herstellers Bristol Myers-Squibb erneut bewertet, diesmal in Kombination mit fluorpyrimidin- und platinbasierter Kombinationstherapie für die Erstlinienbehandlung der HER2-negativen fortgeschrittenen oder metastasierten Adenokarzinome des Magens, des gastroösophagealen Überhangs oder des Ösophagus bei Erwachsenen, deren Tumor PD-L1 exprimieren. Hier anerkannte der GBA einen beträchtlichen Zusatznutzen. Das Gesamtüberleben verlängert sich durchschnittlich von 11,1 auf 14,4 Monate; Verbesserungen ergaben sich auch hinsichtlich Mortalität und Lebensqualität.
Zur Zielpopulation zählen 320 bis 1.948 Patienten. Die Jahrestherapiekosten liegen zwischen 87.000 und 134.000 Euro, die der teuersten zweckmäßigen Vergleichstherapie zwischen 106.000 und 153.000 Euro. Andere, ebenfalls zweckmäßige Vergleichstherapien sind allerdings mit 5.800 bis 53.000 Euro deutlich kostengünstiger.
Keinen Zusatznutzen anerkannte der Bundesausschuss bei dem neu zugelassenen Antidiabetikum Ertugliflozin. Dies bedeute allerdings nicht, so GBA-Vorsitzender Hecken, dass Ertugliflozin ein untaugliches Therapeutikum sei. Grund für das Bewertungsergebnis sei vielmehr, dass als zweckmäßige Vergleichstherapie Antidiabetika der neuesten Generation herangezogen worden seien, die bei den Verhandlungen über den Erstattungsbetrag dann auch als Preisanker dienten.
Ferner beschloss der GBA, dass GKV-Versicherte künftig einen Anspruch auf eine Zweitmeinung haben sollen, bevor ihnen ein Herzschrittmacher oder Defibrillator implantiert werden soll. Vertrags-und Klinikärzte können nach Inkrafttreten des Beschlusses bei ihrer KV beantragen, Zweitmeinungen abgeben und bei den gesetzlichen Kassen abrechnen zu dürfen. Beteiligen können sich Ärzte mit der Qualifikation in Innere Medizin und Kardiologie, Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Kardiologie, Herzchirurgie sowie Kinderärzte mit dem Schwerpunkt Kinder- beziehungsweise Kinder- und Jugendkardiologie.
Hintergrund der Entscheidung ist, dass die Zahl der Implantationen von Herzschrittmachern und Defibrillatoren zwischen 2008 und 2018 um 15 Prozent gestiegen ist, wobei es deutliche regionale Unterschiede gibt, die sich medizinisch nicht erklären lassen. In der Einholung einer Zweitmeinung sieht der GBA eine geeignete Möglichkeit für Patienten, sich über die medizinische Notwendigkeit des Eingriffs und auch weniger eingreifende Behandlungsalternativen beraten zu lassen.
Das Bundesgesundheitsministerium muss die neue Richtlinie formell noch genehmigen.