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Bei Tumorerkrankungen an die Fertilität denken

Jedes Jahr erkranken circa 78.000 Menschen im Alter zwischen 0 und 40 Jahren in Deutschland neu an Krebs. Jedoch weisen Umfragen zufolge nur etwa 39 % der behandelnden Onkologen auf die Möglichkeit der Fertilitätssicherung mithilfe der Kryokonservierung hin. Ein Umstand, den die neue S2k-Leitlinie zur Fertilitätsprotektion dringend ändern möchte.

Bei Krebspatienten unter 40 sollte auch Fertilitätsprotektion Thema sein

Jedes Jahr erkranken circa 78.000 Menschen im Alter zwischen 0 und 40 Jahren in Deutschland neu an Krebs. Jedoch weisen Umfragen zufolge nur etwa 39 % der behandelnden Onkologen auf die Möglichkeit der Fertilitätssicherung mithilfe der Kryokonservierung hin. Ein Umstand, den die neue S2k-Leitlinie zur Fertilitätsprotektion dringend ändern möchte.

Onkologische Therapien – aber ebenso bestimmte chirurgische Eingriffe – können beim Tumorpatienten mit partiellen oder kompletten Schädigungen der Gonaden einhergehen. Dies trifft auf beide Geschlechter gleichermaßen zu und kann schließlich zum Verlust der Keimzellen führen.

Viele Patienten und Angehörige minderjähriger Kinder mit Krebs empfinden die Möglichkeit einer später therapierefraktären Infertilität als ähnlich große Belastung wie die Tumorerkrankung selbst. Kinderwunsch ist dabei auch kein alleiniges Problem jüngerer Patienten; aus Studien geht hervor, dass jeder fünfte krebskranke Mann im Alter von > 60 Jahren noch einen Kinderwunsch hat und deshalb eine Fertilitätssicherung angeboten bekommen sollte.

Es ist in allen Fällen vor Therapiebeginn wichtig, das Risiko einer möglichen Infertilität einzuschätzen und die geeignetste Methode zur Fertilitätssicherung im interdisziplinären Team auszuwählen.

Wann ist bei Jungen und Männern an die Fertilitätssicherung zu denken?

Operative Verfahren können Infertilität begünstigen, wie z. B. die beidseitige Orchiektomie, welche zu einer irreversiblen Azoospermie führt. Daneben kann es aber auch nach einseitiger Orchiektomie zu einer Fertilitätseinschränkung kommen (Konsensbasiertes Statement 3.S8).

Oft vergessen werden zudem operative Eingriffe im kleinen Becken, wie z. B. bei der radikalen Prostatektomie oder der Rektumchirurgie, die irreversible Ejakulationsstörungen hervorrufen können (Konsensbasiertes Statement 3.S9). Daher sollen Männer und Jungen vor solchen Operationen immer auch zu Fragen möglicher Fertilitätseinschränkungen beraten werden.

Ebenfalls beraten werden sollen Jungen und Männer, die eine Bestrahlung im Bereich der Gonaden erhalten oder bei denen mit einer die Hoden treffenden Streustrahlung zu rechnen ist (Konsensbasiertes Statement 3.E10). Dabei ist bereits ab einer fraktionierten Strahlungsmenge von > 2,5 Gy oder einer Einzeldosis von > 6 Gy mit einer permanenten Azoospermie zu rechnen.

Welche Methoden der Fertilitätssicherung gibt es für Jungen/Männer?

Die Aufklärung über die Möglichkeiten des Fruchtbarkeitserhalts soll Standard in der Therapieplanung und Beratung sein. Im Falle von Adoleszenten und erwachsenen Männern ist die Kryokonservierung von Spermien aus dem Ejakulat die Methode der Wahl.

Liegt bereits eine Azoospermie vor, sollte dem Patienten die testikuläre Spermienextraktion (TESE) angeboten werden (Empfehlung 47). Dies schließt auch jugendliche Patienten im präpubertären Stadium mit ein, die meist noch keine Spermarche durchlaufen haben.

Bei diesen Patienten wird Hodengewebe zur Kryokonservierung von testikulären Spermien und auch von gonadalen Stammzellen gewonnen. Dies ist allerdings noch ein experimenteller Ansatz, der Erfolg demnach nicht zu garantieren.

Quelle: AF09 "Praxisrelevantes und Neues aus den Leitlinien zur Uroonkologie", S2k-Leitlinie Fertilitätsprotektion (Frau Prof. Kliesch); DGU-Kongress, 20.09.2017, Messe Dresden