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Bei LUTS auch die neurologische Anamnese berücksichtigen

Eine im Rahmes des EAU 2020 präsentierte Studie weist explizit darauf hin, neurologische Anamnese bei Patienten mit Symptomen der unteren Harnwege (LUTS) oder ihren Partnern zu erheben.

Neurologische Beratung vor jedem invasiven oder irreversiblen Eingriff hinzuziehen

Eine im Rahmes des EAU 2020 präsentierte Studie weist explizit darauf hin, neurologische Anamnese bei Patienten mit Symptomen der unteren Harnwege (LUTS) oder ihren Partnern zu erheben. Vor jeder invasiven oder irreversiblen Behandlung sollte daher neurologische Beratung hinzugezogen werden. 

Dr. Lysanne Campeau (McGill University, Kanada) hielt im Rahmen des EAU 2020 eien Vortrag über die grundlegende neurologische Untersuchung, die alle UrologInnen bei der Betreuung von männlichen LUTS-Patienten in Betracht ziehen sollten1. Die wichtigsten urologischen Symptome, die einer neurologischen Erkrankung zugrunde liegen, können Speicher- und Entleerungssymptome, erektile Dysfunktion, retrograde Ejakulation, Enuresis, Verlust des Füllungsgefühls oder unerklärliche Stressharninkontinenz sein.

Häufige neuronale Ätiologien für männliches LUTS können laut Dr. Campeau Parkinson, Multi-System-Atrophie (MSA) oder ein Normaldruckhydrozephalus (NPH) sein, der durch Demenz, abnormalen Gang und Harninkontinenz gekennzeichnet ist. Begleitende Symptomen der unteren Harnwege könnten zudem auch Anzeichen für Multiple Sklerose (MS), verschiedene Rückenmarkserkrankungen oder eine neurodegenerative Erkrankungen der weißen Hirnsubstanz sein. 

Um eine Differentialdiagnose zu stellen, ermittelt Dr. Campeau die relevante Anamnese, indem Patienten und/oder deren PartnerInnen zu Gedächtnisproblemen, Sehstörungen (MS), Anosmie (PD) und Sprachveränderungen (MSA) befragt werden. UrologInnen sollten festhalten, ob ein Ruhetremor vorliegt, der auf eine Parkinson-Erkrankung, Rückenschmerzen (Cauda equina-Syndrom), Sattelanästhesie, Darmstörungen und Inkontinenz, Schwäche / Taubheit in den unteren Gliedmaßen oder Gang- beziehungsweise Gleichgewichtsprobleme hinweist. 

Viele Anzeichen können im Patientengespräch beobachtet werden

Die fokussierte körperliche Untersuchung, mit der festgestellt werden soll, ob eine neurologische Überweisung erforderlich ist, erfolgt von oben nach unten. Dr. Campeau wies darauf hin, dass viele besondere Anzeichen im normalen Verlauf des Eintritts (z.B. Gang) und im Patientengespräch beobachtet werden können:

Dr. Campeau empfiehlt, eine Urinanalyse hinsichtlich der Nierenfunktion durchzuführen, wobei gegebenenfalls ein Entleerungstagebuch und ein Ultraschall von Blase und/oder Niere indiziert sein können. Besonders aufschlussreich könnten außerdem urodynamische Studien sein. Abschließend betonte Campeau dass vor einer Operation oder einem anderen irreversiblen Eingriff unbedingt NeurologInnen konsultiert werden sollten.

Quelle:
1.) Campeau L, et al. Basic neurological workup in a male LUTS patient: keypoints for daily clinical practice. EAU20 Virtual Congress, 17-26 July 2020, State-of-the-art-lecture.