Die Krankenkasse Barmer GEK will die hohen Einstiegspreise für innovative Arzneimittel eindämmen und dafür die Kosten-Nutzen-Bewertung neu regeln. Für Medikamente, die für die Versorgung der Patienten besonders wichtig sind, sollte es nach den Vorstellungen der Kasse künftig eine Schnellbewertung direkt bei Markteintritt geben. Spätestens nach fünf Jahren Praxistest solle dann eine erweiterte Kosten-Nutzen-Bewertung vorgenommen werden, erläuterte der Vorstandsvorsitzende der Barmer, Christoph Straub, am Mittwoch in Berlin.
Auf diese Weise könnte der Preis für neue Medikamente sowohl nach medizinischer wie auch nach wirtschaftlicher Bedeutung fairer bestimmt werden, sagte Straub bei der Vorstellung des Arzneimittelreports 2015. Zugleich verwies der Barmer-Chef darauf, dass nicht nur sogenannte Fertigarzneimittel Preistreiber sein können. Auch die Rezepturen, die – meist bei Krebs – individuell für die Patienten angefertigt werden, würden immer wichtiger bei der Preisgestaltung.
Seit der Arzneimittelmarktneuordnung (AMNOG) von 2011 müssen die Hersteller bei Einführung eines neuen Präparates einen Nachweis über dessen Zusatznutzen für Patienten erbringen. Haben Präparate einen solchen Zusatznutzen, sollen die Preise (Erstattungsbetrag) zwischen Hersteller und gesetzlichen Krankenkassen (GKV) innerhalb eines Jahres ausgehandelt werden. In diesem Zeitraum kann der Hersteller den Preis selbst bestimmen – sehr zum Ärger der Kassen.
Nach dem Barmer-Vorschlag würden die Kassen zumindest bei absehbar hochpreisigen Präparaten direkt nach Markteinführung einen Einfluss auf die Preisgestaltung bekommen. Angewandt werden sollten diese neuen Bewertungsregeln nämlich bei Arzneimitteln mit einem absehbaren Jahresumsatz von mehr als 80 Millionen Euro. Derzeit verursachten diese wenigen “Blockbuster” mit rund 6,64 Milliarden Euro etwas mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes der gesetzlichen Krankenkassen für patentgeschützte Fertigarzneimittel (12,25 Milliarden Euro).
Auf individuelle Rezepturen entfallen laut Report der Krankenkasse inzwischen fast zehn Prozent des Arzneimittelumsatzes. Seit 2004 hätten sich die Kosten für die zumeist in Apotheken hergestellten Zubereitungen nahezu verdreifacht. Drei solcher Zubereitungen lägen in einem Barmer-internen Ranking unter den teuersten zehn Präparaten. Das Thema individuelle Zubereitungen “lag irgendwie im Schatten in den vergangenen Jahren”, sagte Straub.
Text und Foto: dpa /fw