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Aufbau der Acetyltransferase NatC entschlüsselt

Ein Team vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft hat die dreidimensionale Struktur der Acetyltransferase NatC vorgestellt. Das Enzym verändert Proteine der Zelle so, dass diese ihre Funktionen richtig ausüben können. In Krebszellen allerdings ist NatC häufig überaktiv.

Einem Enzym ins Herz geschaut

Ein Team vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft hat die dreidimensionale Struktur der Acetyltransferase NatC vorgestellt. Das Enzym verändert Proteine der Zelle so, dass diese ihre Funktionen richtig ausüben können. In Krebszellen allerdings ist NatC häufig überaktiv.

Wird an einem Ende eines Proteins nur ein Wasserstoffatom gegen eine Acetylgruppe ausgetauscht, erhält es durch diese bestimmte chemische Struktur ganz neue Eigenschaften. Es kann dann etwa mit anderen Proteinen interagieren, seine Lebenszeit verändern oder plötzlich neue Ziele in der Zelle aufsuchen.

Wichtiger Regulationsmechanismus von Zellen

Die Acetylierung von Proteinen, also der Austausch eines Wasserstoffatoms durch eine Acetylgruppe, ist ein wichtiger Regulationsmechanismus von Zellen und wird unter anderem von einer Gruppe von Enzymen, den N-terminalen Acetyltransferasen (NATs), in Gang gesetzt. Diese acetylieren stets das N-terminale Ende des Proteins, wo eine Aminosäure mit einer freien Aminogruppe sitzt.

In menschlichen Zellen gibt es viele verschiedene NATs; nur von wenigen war die detaillierte Struktur bekannt. Den genauen Aufbau von NatC hat nun ein Team um Professor Oliver Daumke, Leiter der Arbeitsgruppe "Strukturbiologie Membran-assoziierter Prozesse“ am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC), zusammen mit Forschenden der Charité – Universitätsmedizin Berlin, entschlüsselt. Die Ergebnisse der Arbeit sind im Fachblatt "Nature Communications" publiziert.

Im Menschen sind die meisten Proteine acetyliert

"Die N-terminale Acetylierung ist eine sehr häufig vorkommende – und damit für die vielfältigen Funktionen in der Zelle äußerst wichtige – Modifizierung von Proteinen. Im Menschen sind etwa 80 bis 90 Prozent aller Proteine auf diese Weise verändert", errklärt Strukturbiologe Dr. Stephan Grunwald, Erstautor der Studie.

Grunwald schleuste in Bakterien der Art Escherichia coli drei Gene für NatC ein. "Diese Bakterien stellten für uns größere Mengen von NatC her, die wir anschließend gereinigt, kristallisiert und dann per Röntgenkristallographie näher untersucht haben." Bekannt war bereits, dass NatC aus einer katalytischen und zwei Hilfs-Untereinheiten besteht. "Wie diese aber in dem NatC-Komplex angeordnet sind und welche Funktionen sie jeweils besitzen, mussten wir erst herausfinden", sagt Grunwald.

Röntgenstrahlen helfen bei der Strukturaufklärung

Für die Röntgenkristallographie muss das Enzym durch bestimmte chemische Zusätze zunächst kristallisiert werden. "Man erhält dann etwa ein Zehntel Millimeter lange Kristalle, in denen jeweils viele Millionen der NatC-Komplexe ganz regelmäßig angeordnet sind", sagt Grunwald. Die Kristalle werden bei -196 Grad Celsius schockgefroren und dann mit intensiven Röntgenstrahlen beschossen, welche an einem Teilchenbeschleuniger – wie dem "BESSYII" in Berlin-Adlershof – erzeugt werden.

"Anhand des Musters, nach dem die Strahlen gestreut werden, können wir Rückschlüsse auf die dreidimensionale Struktur des Proteins ziehen", erläutert Daumke. Wie er und sein Team herausfanden, wird die katalytische Untereinheit von NatC, an der die Acetylierung von Proteinen vorgenommen wird, von einer kleinen und einer sehr großen Hilfseinheit umgeben. "Letztere dient als Gerüst für das gesamte Enzym", sagt Daumke.

Das Enzym wartet am Ende der Produktionsstraße

"Es war bereits bekannt, dass sich NatC an die Ribosomen, die Proteinfabriken der Zelle, heftet. Mit Hilfe von Bindungsstudien konnten wir zeigen, dass eine positiv geladene Spitze von NatC für die Bindung an das Ribosom notwendig ist. Dort sitzt es quasi am Ende der Produktionsstraße und wartet darauf, dass ein neues, noch ungefaltetes Protein herausgefahren wird." Anhand der ersten vier Aminosäuren des neu hergestellten Proteins kann NatC erkennen, ob es dieses acetylieren soll oder nicht.

Das Herzstück von NatC entschlüsselt

Mit Hilfe der Struktur konnte sogar herausgefunden werden, wie das Herzstück von NatC, die katalytische Untereinheit, im Detail schlägt. "Im katalytischen Zentrum des Enzyms haben wir mehrfach einzelne Aminosäuren verändert", berichtet Grunwald. Nun weiß man ganz genau, wie es im Herzen von NatC aussieht und nach welchem Mechanismus die Acetylierung dort erfolgt.

Das katalytische Zentrum von NatC blockieren

Dieses Wissen könnte in der Krebstherapie von Bedeutung sein. "In bestimmten entarteten Zellen ist NatC oft überaktiv", sagt Grunwald. Medikamente könnten das katalytische Zentrum des Enzyms blockieren – und so womöglich auch das Tumorwachstum aufhalten. Zellbiologen sollen anhand der genauen Struktur von NatC jetzt gezielt die genauen Funktionen von NatC im menschlichen Körper herausfinden.

Quelle:
Grunwald, Stephan et al. (2020): "Divergent architecture of the heterotrimeric NatC complex explains N-terminal acetylation of cognate substrates", Nature Communications, DOI: 10.1038/s41467-020-19321-8