Die Studie wurde kürzlich im Journal of the American Geriatrics Society veröffentlicht. Die Unterschiede lägen vor allem darin, dass Ärzte gegen Ende ihres Lebens weniger Interventionen über sich ergehen lassen, da sie dank ihrer Ausbildung die Sinnhaftigkeit der Eingriffe besser einschätzen können. Im Detail fanden die amerikanischen Wissenschaftler im Rahmen ihrer nationalen Studie heraus, dass Ärzte im Vergleich zur restlichen Bevölkerung mehr Hospizversorgung in Anspruch nehmen, mehr Zeit auf der Intensivstation (ICUs) verbringen und in etwa gleich viel Zeit im Krankenhaus sind.
Die leitende Autorin der Studie, Stacy Fischer, MD und Associate Professor an der University of Colorado School of Medicine, erachtet die These, dass Ärzte ihre letzte Lebenszeit anders zubringen deshalb als falsch und unbegründet. Ärzte verbrachten mit durchschnittlich zwei Tagen mehr Zeit in einem Hospiz. Bezüglich den absolvierten Krankenhausaufenthalten, kam das Team von Fisher zu der Erkenntnis, dass diese in den letzten Lebensmonaten eines Arztes, nicht wie zuvor angenommen weniger, sondern gleichermaßen häufig vorkamen wie im übrigen Teil der Bevölkerung. Der erwartete Unterschied konnte dementsprechend nicht bestätigt werden.
Im Jahr 2011, schrieb Ken Murray, ein pensionierter Hausarzt, einen Aufsatz mit dem Titel “Wie Ärzte sterben”. Darin behauptete er, dass Ärzte gegen Ende ihres Lebens weniger medizinische Eingriffe an sich unternehmen lassen und mit größerer Wahrscheinlichkeit zu Hause sterben würden. Der Essay verbreitete sich rasant und wurde durch hypothetische Befragungen von Ärzten bezüglich ihrer Wünsche für die Pflege am Ende des Lebens und später auch von kleineren Vorstudien untermauert.
Fischer und ihre Kollegen, darunter Daniel Matlock, MD, MPH von CU Anschutz, wollte herausfinden, ob Ärzte mit ihrem Wissen zu medizinischen Behandlungen und ihren Resultaten, ihre letzten Monate und Wochen tatsächlich anders als nicht medizinisch ausgebildete Menschen verbringen.
Dafür untersuchten und analysierten sie die Daten von 9947 verstorbenen Ärzten und einer Stichprobe von 192.006 Menschen, die keine Ärzte waren. Die Daten stammten alle aus einem Zeitraum zwischen den Jahren 2008 und 2010. In den letzten sechs Monaten sowie dem letzten Monat des Lebens, war der Anteil von Ärzten und Nicht-Ärzten mit mindestens einem intensivmedizinischen Aufenthalt gleichwertig. Die durchschnittliche Anzahl der Tage, die in den letzten sechs Monaten und dem letzten Lebensmonat auf der Intensivstation verbracht wurde, war bei den Ärzten sogar ein wenig höher als in der Kontrollgruppe.
Die Studie zeigte auch, dass 46,4 Prozent der Ärzte und 43,2 Prozent der Nicht-Ärzte in den letzten sechs Monaten ihres Lebens für eine Versorgung im Hospiz eingeschrieben waren. Ärzte nahmen Hospize im Durchschnitt 2,4 Tage länger in Anspruch als Menschen mit anderen Berufen. Darüber hinaus war auch der Anteil der Ärzte, die innerhalb der letzten sieben Tage vor ihrem Tod im Hospiz waren etwas größer.
Basierend auf dem Stand der Umfrageforschung, hatte das Team erwartet, dass Ärzte gegen Ende ihres Lebens einen geringeren Einsatz intensiver Krankenhaus-Pflege über sich ergehen lassen. Wie ist es also zu erklären, dass die Ergebnisse der aktuellen Studie mit denen früherer Untersuchungen in Konflikt geraten? Laut den Studienautoren könnten die Unterschiede durch die verschiedenen Generationen, die jeweils untersucht wurden, erklärt werden. Das Durchschnittsalter der Ärzte in den Umfragen lag bei 83 Jahren.
Viele dieser Ärzte wurden zu einer Zeit ausgebildet, in der Hospize und die Palliativmedizin noch in den Kinderschuhen steckte. Viele technologische Errungenschaften in der Intensivmedizin standen damals noch nicht zur Verfügung, was die ärztliche Meinung diesbezüglich beeinflusst haben muss. Eine zweite Erklärung könnte in der Tatsache liegen, dass Angst und Vermeidung gegenüber dem Tod natürlicherweise starke Motivatoren darstellen. Es handelt sich um eine Eigenschaft die nur allzu menschlich ist, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass auch Ärzte vor der Angst zu Sterben nicht gefeit sind.
Den wahrscheinlich problematischsten Einfluss auf die jeweilige Entscheidung hat laut den Autoren jedoch das amerikanische Gesundheitssystem. Eine bessere Versorgung durch das System beeinflusst die End-of-Life-Betreuung nämlich unabhängig vom Patienten und seinen klinischen Faktoren.
Laut Fisher sollte die amerikanische Gesellschaft einen kritischen Blick auf ihr Gesundheitssystem werfen und sich fragen, was die minderwertige Versorgung verursacht – eine Versorgung, die keine wirkliche Quantität oder Qualität des Lebens bietet. Zweifellos sind Ärzte, trotz ihres medizinischen Wissens, vor diesen Missständen nicht geschützt. Die Macher der Studie hoffen deshalb, dass ihre Studie dazu beitragen wird, eine nationale Debatte zu diesem wichtigen Thema auszulösen.