Höchst unappetitlich und teilweise erschreckend: Der Weltwassertag am 22. März lenkt den Blick in diesem Jahr auf das Abwasser - und damit in die Kläranlagen. Das mit zunehmend großem Aufwand behandelte Wasser landet danach wieder in Gewässern oder im Grundwasser. Von dort geht es als Trinkwasser aufbereitet an die Haushalte. In Deutschland hat das Leitungswasser Top-Qualität. Experten sehen dennoch Probleme - etwa Nitratbelastungen oder Arzneimittelrückstände.
WAS IST ALLES ABWASSER? Wasser, das nach häuslichem, gewerblichem, industriellem oder landwirtschaftlichem Gebrauch verunreinigt ist. Also Schmutzwasser aus WC, Küchen, Kliniken oder Betrieben. Aber auch mit Staub oder Schadstoffen verdrecktes Regenwasser. Besonders belastete Industrieabwässer werden in der Regel in betriebseigenen Anlagen behandelt oder vorbehandelt. Das Umweltbundesamt (UBA) betont: "Alles, was wir konsumieren, landet am Ende im Abwasser. Das sollte man wissen, bevor man Salben mit synthetischen Duftstoffen oder Parfums mit Dutzenden Chemikalien nutzt." Es brauche immer mehr Technik, Geld und Energie, um das Abwasser von alldem zu befreien.
Welche MENGEN fallen an? Gleichbleibend gigantische, nämlich rund 10 Milliarden Kubikmeter pro Jahr. Laut Deutscher Vereinigung für Wasserwirtschaft und Abwasser (DWA/Hennef bei Bonn) sind die Haushalte praktisch flächendeckend an die Kanalisation mit rund 10 000 öffentlichen Kläranlagen angeschlossen. Das Abwasserkanalnetz entspricht laut Statistischem Bundesamt mit rund 575 600 Kilometern etwa der 90-fachen Luftlinie zwischen Berlin und New York.
Welche VERFAHREN gibt es zur Aufbereitung? Die Kläranlagen arbeiten mit biologischen und chemischen Behandlungsverfahren oder auch mechanischen, also dem Herausfiltern ungelöster Stoffe. Dem UBA zufolge werden immer mehr kommunale Kläranlagen mit einer zusätzlichen Reinigungsstufe ausgebaut - bewährt habe sich dabei die Behandlung mit Ozon und Aktivkohle. Fachleute sagen, es sei eine Illusion zu glauben, dass alle Stoffe im Wasser ausnahmslos erfasst werden könnten, schon allein etwa wegen ständig neuer Arzneistoffe. Umso wichtiger sei es, bei der Behandlung von Abwässern technologisch aufzurüsten.
Was STECKT ALSO DRIN drin im Abwasser? Tausende Chemikalien, Pflanzenschutzmittel, Waschmittel, Kosmetikrückstände, menschliche Ausscheidungen, Arzneimittel für Mensch und aus Massentierhaltung und und und. Schwierig ist es, Arzneirückstände zu entfernen - mit großen Unterschieden: Das Schmerzmittel Ibuprofen wird bei der herkömmlichen Abwasserbehandlung zu 80 Prozent eliminiert, Röntgenkontrastmittel fast gar nicht. Medikamente sollten niemals über die Toilette entsorgt werden, mahnt auch das UBA - sondern über Apotheken oder die Restmülltonne.
Wie sieht es aus mit dem TRINKWASSER? Das Leitungswasser hat hierzulande laut Verbraucherzentrale (VZ) eine sehr gute Qualität. Es gebe kein besser kontrolliertes Lebensmittel. Es muss frei sein von Schadstoffen und Krankheitserregern. In Wasserwerken wird Talsperren-, Fluss- oder Grundwasser zu Trinkwasser gemacht. Eine Verordnung schreibt die Qualität des Trinkwassers vor. Für die Einhaltung der Grenzwerte sind die Gesundheitsämter zuständig.
PROBLEME bereitet eine hohe Nitratbelastung - übermäßiger Einsatz von Gülle und stickstoffhaltigem Dünger auf Äckern und damit im Grundwasser. Die EU-Kommission hat Deutschland Ende 2016 wegen zu hoher Nitratwerte verklagt. Die Stoffe werden für das Trinkwasser herausgefiltert, was den Wasserpreis nach oben treibt.
Gibt es GEFAHREN? Ob sich Antibiotikaresistenzen über Kläranlagen ausbreiten, wird seit einigen Jahren erforscht. Vor allem aus Kliniken gelangen Antibiotika-Rückstände und zugleich auch Bakterien, die Antibiotikaresistenzen in sich tragen, in die Kläranlagen. Dort treffen sie auf Milliarden von Bakterien, die - vereinfacht gesagt - für die Abwasserbehandlung zuständig sind. Die Anlagen könnten zu einer Art Brutstätte für antibiotikaresistente Bakterien werden, die mit dem behandelten Wasser in die Gewässer gelangen und Wasserressourcen möglicherweise kontaminieren. Experten raten zu spezieller Filterung vor Ableitung in die Flüsse.