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Antidepressivum macht Hoffnung auf verträgliche Leukämie-Therapie

Rund 3.000 Menschen erhalten jedes Jahr in Deutschland die Diagnose "Akute Myeloische Leukämie" (AML), eine der häufigsten Blutkrebserkrankungen überhaupt. Künftig könnten diese Betroffenen mit einer neuen, gut verträglichen Therapie behandelt werden.

Vielversprechende neue Kombinationstherapie in Aussicht

Rund 3.000 Menschen erhalten jedes Jahr in Deutschland die Diagnose "Akute Myeloische Leukämie" (AML), eine der häufigsten Blutkrebserkrankungen überhaupt. Künftig könnten diese Betroffenen mit einer neuen, gut verträglichen Therapie behandelt werden.

Für viele der häufig älteren Patienten ist die Standard-Chemotherapie zu belastend, weshalb die Krankheit bei ihnen oft tödlich verläuft. Bei der neuen Therapie sollen die Krebszellen mit einem mit Vitamin-A verwandten Präparat angeregt werden, sich zu ungefährlichen und funktionsfähigen weißen Blutkörperchen weiterzuentwickeln. Diese Behandlung ist bereits bei einer seltenen AML-Form, der "Akuten Promyelozyten-Leukämie" (APL) sehr erfolgreich. Doch bei allen anderen AML-Patienten sind die Krebszellen von vornherein resistent gegen den Wirkstoff, was bislang eine Behandlung verhinderte.

Ein zweiter Wirkstoff (Tranylcypromin), der in Tablettenform bereits als Antidepressivum zugelassen ist, könnte diese Resistenz aufheben und so eine effektive und ambulant durchführbare Therapie ermöglichen. Die Wirksamkeit des Ansatzes wird derzeit in einer klinischen Studie unter Leitung des Universitätsklinikums Freiburg an sechs onkologischen Spitzenzentren in Deutschland erprobt. Neben Patienten mit AML können auch Patienten mit einer Leukämie-Vorläufer-Erkrankung, dem Myelodysplastischen Syndrom (MDS), in die Studie aufgenommen werden. TRANSATRA steht für "TRANylcypromin-Sensibilisierung der Leukämiezellen gegenüber ATRA" und wird vom Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) gefördert.  

"Umprogrammieren" anstatt Abtöten von Zellen 

Das Vitamin-A-Präparat Tretinoin, auch ATRA genannt, verändert das Ablesemuster des Erbguts und kann somit als epigenetischer Wirkstoff bezeichnet werden. "Die Zellen werden umprogrammiert und nicht wie bei einer Chemotherapie abgetötet. Deshalb ist die Therapie auch wesentlich verträglicher", sagt Studienkoordinator Prof. Dr. Michael Lübbert, Oberarzt an der Klinik für Innere Medizin I des Universitätsklinikums Freiburg.  

Um dieses Wirkprinzip auch auf die Behandlung anderer Formen von AML zu übertragen, gilt ein zentrales epigenetisch aktives Enzym, die Lysin-spezifische Histon-Demethylase 1 (LSD1), als vielversprechender Angriffspunkt. Hohe Konzentrationen an LSD1, wie sie besonders in AML-Krebszellen vorkommen, verhindern die Wirkung des Vitamin-A-Präparats. In Laborstudien konnte bereits nachgewiesen werden, dass durch die Blockade von LSD1 das Vitamin-A-Präparat wieder wie gewünscht wirken kann. Um LSD1 zu hemmen, setzen die Forscher auf den Enzymblocker Tranylcypromin. Dieser ist seit über 50 Jahren als Antidepressivum zugelassen. In Laborstudien wurde die Wirksamkeit der Kombinationstherapie aus Tranylcypromin und ATRA bereits nachgewiesen.  

Nun soll der Behandlungsansatz bei Patienten mit AML oder MDS überprüft werden, bei denen bisher verfügbare Therapien nicht eingesetzt werden können. "Beide Wirkstoffe sind schon lange als Medikamente zugelassen, und die Nebenwirkungen bekanntermaßen gering. Wir hoffen daher auf eine mögliche Erweiterung der Therapiemöglichkeiten in der Leukämiebehandlung", sagt Prof. Lübbert.  

Mittlerweile ist die Studie neben dem Universitätsklinikum Freiburg auch am Universitätsklinikum Düsseldorf, am Klinikum Frankfurt der Goethe-Universität, am Universitätsklinikum Heidelberg, am Klinikum Rechts der Isar der Technischen Universität München und am Universitätsklinikum Tübingen angelaufen.