WissenschaftlerInnen des Universitätsklinikums Freiburg haben gemeinsam mit internationalen KollegInnen nachgewiesen, dass Antidepressiva bei Nervenzellen an einer bislang unbekannten Stelle andocken und so ihre stimmungsaufhellende Wirkung entfalten.
Indem sie auf den Nervenzellen an den Rezeptor des Brain derived neurotrophic Factor (BDNF) binden, kommt es zu einer verbesserten Aktivität in Hirnregionen, die bei depressiven PatientInnen beeinträchtigt sind. Die Wirkweise war besonders gut, wenn der Cholesterinspiegel im Blut normal war. "Mit dem BDNF-Rezeptor als Andockstelle können wir erstmals direkt erklären, wie Antidepressiva wirken und warum es so lange dauert, bis die Wirkung einsetzt", erklärt Prof. Dr. Claus Normann, Forschungsgruppenleiter an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg. Bisher ging man davon aus, dass sie über eine Erhöhung des Botenstoffes Serotonin im Gehirn wirken; es blieb jedoch völlig unklar, wie das genau funktioniert.
Das ändert sich mit der Studie einer internationalen Arbeitsgruppe unter Mitarbeit von Normann, Dr. Stefan Vestring und Dr. Tsvetan Serchov von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg. In ihrer Forschungsarbeit konnten sie bei Mäusen zeigen, dass Antidepressiva direkt an den Rezeptor für das Wachstumshormon BDNF binden. Dadurch kommt es zu einer verbesserten Aktivität in Hirnregionen, die bei depressiven Patienten beeinträchtigt sind. Das gilt für unterschiedliche Arten von Antidepressiva wie Selektive Serontonin-Wideraufnahmehemmer, kurz SSRI, oder Ketamin.
"Das Gehirn kann durch die Stimulation des BDNF neue, positive Informationen aus der Umwelt oder bei Psychotherapien wieder besser aufnehmen und erholt sich aus seinem depressiven Zustand", sagt Normann. Die ForscherInnen zeigten, dass die Antidepressiva über den BDNF-Rezeptor in einen zentralen Lern- und Anpassungsmechanismus des Gehirns eingreifen, der als synaptische Plastizität bezeichnet wird. "Interessanterweise benötigt diese Bindungsstelle einen normalen Cholesterinspiegel, um optimal aktiv werden zu können." Hohe, aber auch zu niedrige Cholesterinspiegel verformen den BDNF-Rezeptor, so dass die Wirkstoffe schlechter binden. Durch eine zielgerichtete Therapie könnten sich hier neue Perspektiven für eine nebenwirkungsärmere und effektivere Behandlung schwerer Depressionen ergeben.
Quelle: Antidepressants act by directly binding to TRKB neurotrophin receptors