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Altern im Pflegeberuf: Motivationsverlust vorbeugen

In einer aktuellen Studie haben Mediziner der Universitäten Heidelberg und Ulm sowie Arbeitspsychologen der Universitäten in Düsseldorf und Duisburg-Essen untersucht, wie ältere Pflegende psychisch so gestärkt werden können, dass sie ihren Arbeitsalltag besser bewältigen.

Studie liefert Hinweise, wie älteren Pflegenden die Berufsausübung erleichtert werden kann

Krankenhäuser sind Orte der Erholung und der Gesundung. Zugleich sind sie aber auch Arbeitsstätten, und die Arbeitsbelastung in der Klinik hat das Potenzial, Mitarbeiter krank zu machen. In einer aktuellen Studie haben Mediziner der Universitäten Heidelberg und Ulm sowie Arbeitspsychologen der Universitäten in Düsseldorf und Duisburg-Essen nun untersucht, wie ältere Pflegende psychisch so gestärkt werden können, dass sie ihren Arbeitsalltag besser bewältigen.

Die im Fachjournal PLOS one veröffentlichte Studie wird auch auf einem Satelliten-Symposium der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM) und der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) vorgestellt, das bei der Jahrestagung der DGAUM in München stattfindet.

 Aufgrund des demografischen Wandels wird der Bedarf an qualifiziertem Pflegepersonal weiter zunehmen. Gleichzeitig tendieren gerade Pflegekräfte dazu, ihren Beruf nicht bis zum gesetzlichen Rentenalter auszuüben – zu groß sind körperliche und psychische Belastungen. "Wenn es gelingt, den emotionalen Stress in der Pflege abzubauen und die Rahmenbedingungen zu verbessern, könnten wir einen Beitrag dazu leisten, dem Mangel an Pflegekräften entgegenzuwirken", sagt Dr. med. Imad Maatouk, Psychosomatiker und Psychoonkologe am Klinikum Heidelberg. Einen möglichen Präventionsansatz hat er nun in der PLOS one-Studie untersucht. 

An der Interventionsstudie, die parallel an vier deutschen Kliniken stattfand, nahmen insgesamt 115 überwiegend weibliche Pflegekräfte teil. Während die eine Hälfte der Teilnehmerinnen wöchentliche Präventionsseminare in kleinen Gruppen erhielt, wurde die andere Hälfte zunächst lediglich auf eine Warteliste gesetzt; sie diente als Vergleichsgruppe. Die Probandinnen waren im Schnitt 52 Jahre alt und hatten bereits 30 Berufsjahre hinter sich. "Wir haben gezielt Pflegende im fortgeschrittenen Erwerbsalter von über 45 Jahren angesprochen, da diese großflächigen Befragungen zufolge häufiger mit dem Gedanken beschäftigt sind, den aktiven Pflegeberuf aufzugeben", erläutert Professor Dr. med. Harald Gündel, Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Uniklinik Ulm und Mediensprecher der DGPM, der auch an der Studie beteiligt war. 

Prävention ist entscheidend

Die Präventionsgruppen trafen sich über einen Zeitraum von drei Monaten insgesamt acht Mal. Unter Anleitung eines Psychologen und eines Psychosomatikers wurden dabei unter anderem Risikofaktoren für Erschöpfung erörtert, die eigene Arbeitsbiographie reflektiert, aber auch das Augenmerk auf Schutzstrategien und Ressourcen gelenkt. Darüber hinaus stand das Thema "Altern im Pflegeberuf" auf der Agenda, und es wurden die Vorteile der generationenübergreifenden Zusammenarbeit benannt. Großen Raum nahm ein Training gemäß dem SOK-Modell ein, nach dem man sich weniger, aber erreichbare Ziele setzt (Selektion), einen optimalen Weg sucht, um diese zu erreichen (Optimierung), und sich Alternativen für den Fall plötzlich auftretender Probleme überlegt (Kompensation). "Studien haben gezeigt, dass diese Handlungsstrategien älteren Beschäftigten helfen können, ihre Ressourcen gezielter einzusetzen und so ihre Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Voraussetzung dafür sind allerdings genügend eigene Entscheidungsspielräume", meint Professor Dr. phil. Andreas Müller, Arbeitspsychologe an der Universität Duisburg-Essen.

Vor Beginn und nach Abschluss des Programms gaben die Teilnehmerinnen in ausführlichen Fragebögen Auskunft über ihr psychisches Wohlbefinden. Dabei zeigte sich, dass die Sitzungen dazu beitrugen, die subjektive Lebensqualität zu verbessern. Die hierfür ermittelten Werte lagen deutlich höher als bei den Personen der Warteliste. Bedeutend verbessert hatten sich auch die Werte für die sogenannte Irritation – also die emotionale und kognitive Beanspruchung durch den Beruf, quasi eine Vorstufe des Burnouts. Die Teilnehmerinnen gaben am Ende der Studie an, nach der Arbeit besser abschalten zu können und weniger müde und gereizt zu sein. "Unsere Studie belegt, dass alternde Mitarbeiter gut über solche Präventionsprogramme erreicht werden können", folgern Maatouk und seine Kollegen. Die Inhalte ließen sich auch an andere Berufsgruppen anpassen.

Auf dem Symposium "Macht Krankenhaus krank?", das am 9. März 2018 im Klinikum Großhadern in München stattfindet, stellen Maatouk und Gündel ihre Arbeit vor. Weitere Referenten beleuchten die Arbeitsbedingungen in der Klinik aus anderen Perspektiven.