Sie berichten in einer in The Journal of Neuroscience veröffentlichten Studie (DOI: 10.1523/JNEUROSCI.0003-15.2015), dass sie eine Population von Neuronen im Gehirn entdeckt haben, die die Alkoholgewohnheiten beeinflussen können. Diese Neurone nehmen darauf Einfluss, ob das Individuum bei dem Genuss von einem alkoholischen Getränk bleibt, oder ob direkt im Anschluss ein weiteres alkoholisches Getränk verlangt wird. Diese Entdeckung könnte zu einer Heilung des Alkoholismus und anderen Abhängigkeiten führen.
Das dorsomediale Striatum ist eine Region im Gehirn, die für zielgerichtetes Verhalten verantwortlich gemacht wird. Die Studie konnte hier nach Alkoholkonsum deutliche Veränderungen in der Morphologie der Neurone feststellen.
Die Studienautoren folgern: “Zusätzlich haben wir diese Veränderungen nur in einer speziellen Subgruppe der Neuronen feststellen können, die für die Belohnung und Verstärkung des Drogenkonsums bei Abusus verantwortlich gemacht wird.” Möglicherweise kann durch die gezielte Blockade dieser Neurone der Alkoholkonsum reduziert werden. Dies wäre ein vielversprechender Ansatz für eine Therapie der Alkoholsucht.
In der Tierstudie konnte festgestellt werden, dass der Verzehr von Alkohol die physiologische Struktur der striatalen Neurone (medium spiny neurons) verändert. Diese Neurone können das Ausführen eines Verhaltens durch die Dopamin-Rezeptoren D1 oder D2 entweder fördern oder inhibieren. Die D1 Neurone fördern einen Stoffwechselweg, während die D2 Neurone bremsend auf einen Weg wirken. Eine regelmäßige Einnahme von hohen Mengen an Alkohol wirkt an den D1 Neuronen und macht sie reizbarer. Sie werden folglich durch eine niedrigere Stimulation aktiviert. Sobald diese Neurone aktiviert sind, wird das Individuum Alkohol trinken wollen. Es verspürt ein Craving.
Die D1 Neurone im dorsomedialen Striatum von Mäusen, die dem Alkohol ausgesetzt wurden, hatten mehr Verzweigungen und eine höhere Dichte von reifen, pilzförmigen Dendriten im Vergleich zu den enthaltsamen Mäusen. Die Mäuse, die keinen Alkohol erhalten hatten, hatten mehr unreife pilzförmige Dendriten in den D1 Neuronen.
Die Daten der Studie weisen darauf hin, dass ein starker Alkoholkonsum die Plastizität der glutamatergen Synapsen der D1 Neurone im dorsomedialen Striatum induziert, jedoch nicht zu einer Plastizität der D2 Neuronen im dorsomedialen Striatum führt. Die Folgen dieser Veränderung könnten zu einem erhöhten Alkoholkonsum führen.
Diese Hypothese führte zu dem Versuchsansatz, dass man den Mäusen, die zuvor dem Alkohol ausgesetzt waren, D1-Rezeptor-Antagonisten in das dorsomediale Striatum infundierte. Hier konnte daraufhin eine Reduktion des Alkoholkonsums gezeigt werden, während dieser Effekt bei der Infusion mit D2-Rezeptor-Antagonisten nicht nachweisbar war.
Das Hauptergebnis der Studie ist, dass durch das Inhibieren der D1-Neurone das Verlangen nach Alkohol gesenkt werden kann. Möglicherweise kann dies ein erster wichtiger Anhalt für das Entwickeln einer medikamentösen Therapie des Alkoholismus sein, die diese Neuronen als Angriffspunkt hat.
Text: esanum /ab
Foto: Naeblys / Shutterstock.com