Jahrzehntelang gab und gibt es eine Diskussion über die Polypill zur Primärprävention kardiovaskulärer Ereignisse. Für die Sekundärprävention nach CV Ereignissen ist jetzt in Deutschland eine Wirkstoffkombination in verschiedenen Dosierungen auf dem Markt (Iltria®, UCB Pharma), bestehend aus Azetylsalizylsäure (ASS, 100 mg), Atorvastatin (20 oder 40 mg) und Ramipril (2.5, 5 oder 10 mg). Das nur 1x täglich einzunehmende Mischpräparat ist als Generikum eingestuft. Die Therapietreue gegenüber drei verschiedenen Medikamenten wird dadurch gewiss erhöht. In einer Metaanalyse1 wurden schwere, sekundäre CV Ereignisse mit dieser "Single-Pill" – Strategie gegenüber Plazebo von 8.2% auf 6.7% abgesenkt (p<0.0001).
Ab dem 1. August 2017 ist in deutschen Apotheken das US-amerikanische AIDS-Medikament Truvada als Generikum verfügbar, eine fixe Kombination aus Tenofovirdisoproxil und Emtricitabin. Dieses umsatzstärkste HIV-Medikament wird nach Auslaufen der Patente jetzt in Deutschland von sieben Generikaherstellern wesentlich günstiger, wenn auch immer noch zu recht hohem Preis ausgeboten. Ein Kölner Apotheker bietet es nun für 50 Euro Monatskosten an2. Die Jahrestherapiekosten des Original-Präparates beliefen sich auf ~10.000 Euro. Es wird jetzt auch zur Präexpositionsprophylaxe (PrEP), also bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr insbesondere homosexuelle Männer eingesetzt3. Zur Zeit wird wegen einer Kostenübernahme durch die Krankenkassen verhandelt. Argument dagegen: Kondome sind billiger!
Tenofovir gehört zu den nukleotidischen Reverse-Transskriptase-Hemmern und ist gegen HIV-1 und Hepatitis-B wirksam. Tenofovir ähnelt strukturell Adenosinmonophosphat und wird als Prodrug (Tenofovirdisoproxilfumarat oder Tenofoviralfenamid) eingesetzt. Das Medikament blockiert für die Virusreplikation essenzielle Enzyme. Tenofovir wird, zusammen mit anderen Wirkstoffen, zur antiviralen Kombinationstherapie bei HIV-Infektionen, zur Präexpositionsprophylaxe und auch in der Hepatits-B-Behandlung eingesetzt.
Im British Medical Journal erschien eine Metaanalyse von 10 ausgewählten randomisierte Studien unter Einbeziehung der neuesten systematischen Cochrane Review aus insgesamt 2349 Publikationen an 1.426 Patienten ab dem 5. Lebensjahr mit akuter Tonsillitis, Pharyngitis oder klinischen Symptomen einer Halsentzündung4.
Sie erhielten zusätzlich zur Standardtherapie einmalig maximal 10 mg Dexamethason oral. Eine Schmerzerleichterung nach 24 Stunden setzte unter zusätzlichem Dexamethason doppelt so häufig ein und die Schmerzfreiheit nach 48 Stunden war 1.5x häufiger. Die Schmerzen ließen im Mittel 4.8 Stunden früher nach und verschwanden 11.1 Stunden eher. Es kam nicht vermehrt zu ernsten Nebenwirkungen.
Allerdings wurde nicht das potenzielle Risiko höherer kumulativer Dexamethasondosen bei wiederholtem Einsatz bei Patienten mit rezidivierenden Episoden akuter Halsentzündungen geprüft. Bei Patienten mit weniger schwerer Halsentzündung war der Nutzen von Dexamethason geringer, so dass eine positive Nutzen-Schaden-Bilanz von vor allem bei schwerer Halsentzündung vorliegt.
Literatur
(1) Disease Management Programme (DMP), Medizinische Inhalte Koronare Herzkrankheiten DMP/KHK/KV/ Vertrag – Anlage 5 – medizinische Anforderungen/Stand 1.7.2015
(2) Eva Schläfer: Eine Pille für die Lebensqualität.
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 26. November 2017, Nr. 47, Seite 22
(3) Brooke E Nichols et al.: Cost-effectiveness analysis of pre-exposure prophylaxis for HIV-1 prevention in the Netherlands: a mathematical modelling study.
The Lancet Infectious Diseases Vol. 16, No. 12, p.1423-1427, December 2016
(4) Behnam Sadeghirad et al.: Corticosteroids for treatment of sore throat: systematic review and meta-analysis of randomized trials.
Brit. Med. J. 2017. 358: j3887