Unterzuckerungen sind bei Menschen mit Diabetes Typ 1 oder Typ 2, die mit Insulin oder oralen Blutzuckersenkern behandelt werden, die häufigste Notfallsituation. Eine Hypoglykämie kann bei einem schweren Verlauf Bewusstlosigkeit und bei Menschen mit Herzkreislauferkrankungen auch Herzrhythmusstörungen oder sogar einen Schlaganfall zur Folge haben.
Häufige Unterzuckerungen scheinen langfristig auch die Entwicklung einer Demenz zu begünstigen. Menschen mit Diabetes und ihre Angehörigen sollten daher mögliche Anzeichen einer Unterzuckerung kennen, um im Notfall rasch Gegenmaßnahmen einzuleiten. Neben Blässe, Schweißausbrüchen, Herzklopfen, Heißhunger, Kopfschmerzen, Schwindel, Bewusstseins- oder Sprachstörungen sind auch Wesensänderungen wie aggressives Verhalten, das sogar bis zur Gewalttätigkeit führen kann, ein mögliches Symptom. Darauf macht die gemeinnützige Organisation diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe aufmerksam und rät Betroffenen und Angehörigen, in solchen Fällen mit dem behandelnden Arzt darüber zu sprechen. Denn häufig wird das Verhalten missinterpretiert und belastet die familiäre und partnerschaftliche Beziehung.
Die Diabetes-Therapie ist ein Balanceakt: Zu hohe Blutzuckerwerte können auf Dauer Blutgefäße und Nerven schädigen. Werden Medikamente oder Insulin überdosiert, droht eine Unterzuckerung: Sinkt der Blutzucker unter 70 mg/dl (3,9 mmol/l) und treten die genannten Symptome auf, spricht man von einer Hypoglykämie. "Weitere Ursachen können zu wenig Nahrung, Alkohol oder falsch eingeschätzte körperliche Aktivität sein", erklärt Professor Dr. med. Thomas Haak, Vorstandsmitglied von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und Chefarzt des Diabetes Zentrums Mergentheim. Langjähriger Diabetes, Alter und Nierenfunktionsstörungen erhöhen das Risiko. Eine Hypoglykämie ist die am häufigsten auftretende akute Komplikation bei Diabetes mellitus. Je stabiler die Blutzuckereinstellung ist, desto geringer ist das Risiko für eine Unterzuckerung. Außerdem sollten Menschen mit Diabetes Unterzuckerungsanzeichen ernst nehmen und bei deren Auftreten diese konsequent durch Aufnahme rasch resorbierbarer Kohlenhydrate in Form von Traubenzucker oder zuckerhaltigen Getränken beseitigen.
Erste Anzeichen können unter anderem Schwitzen, Zittern oder Herzklopfen sein. Bei stärkerer Unterzuckerung kann Zuckermangel im Gehirn zu Konzentrations-, Sprach- oder Sehstörungen, Schwindel, Krämpfen oder Bewusstlosigkeit führen. Tritt jedoch eine Wesensänderung wie aggressives Verhalten auf, sind Angehörige irritiert und erkennen den Betroffenen nicht wieder. "Jeder Mensch mit Diabetes reagiert individuell bei einer Unterzuckerung. Manche werden sehr impulsiv, beschimpfen zum Beispiel ihren Partner und wehren Hilfe wie gereichten Traubenzucker mit Schlägen ab", sagt Professor Haak. Normalisiert sich der Blutzuckerspiegel, leiden die Betroffenen oft unter einem "Filmriss" und können sich an ihr aggressives, eventuell gar handgreifliches Verhalten nicht mehr erinnern. Das wirkt auf Lebenspartner und andere Familienangehörige verstörend und macht es ihnen noch schwerer, über solche unangenehmen und belastenden Situationen zu sprechen. Professor Haak rät: "Wer Erfahrungen dieser Art macht, sollte sich jedoch unbedingt gemeinsam mit dem Diabetes-Betroffenen darüber auseinandersetzen, zum Beispiel bei einem gemeinsamen Besuch beim Diabetologen." Eine zusammen besuchte Diabetes-Schulung könne helfen, Symptome einer Unterzuckerung frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig zu reagieren, um ähnliche Situationen künftig zu vermeiden.
Der Diabetes Blog von esanum: hier finden Sie direkt von unserem Blog-Autor interessante und weiterführende Artikel rund um das Thema.
Quellen:
Edridge CL et al. Prevalence and Incidence of Hypoglycaemia in 532,542 People with Type 2 Diabetes on Oral Therapies and Insulin: A Systematic Review and Meta-Analysis of Population Based Studies. PLoS One 2015; 10: e0126427
Kalscheuer H et al. Diabetic emergencies: Hypoglycemia, ketoacidotic and hyperglycemic hyperosmolar nonketotic coma. Internist (Berl) 2017; 58: 1020-1028