In einer dänischen Studie(DOI: //dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(14)61684-6), deren Ergebnisse jüngst im Journal Lancet veröffentlicht wurden, konnte ein im Vergleich zu gesunden Altersgenossen deutlich erhöhtes Risiko eines frühzeitigen Todes bei jungen Menschen mit der Diagnose Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) festgestellt werden. Die Untersuchung wurde von Forschern um Søren Dalsgaard von der Universität Aarhus durchgeführt.
Ausgewertet wurden die über einen Zeitraum von bis zu 32 Jahren gesammelten Daten von etwa zwei Millionen seit dem Jahr 1981 in Dänemark geborenen Kindern. In dieser Kohorte wurden 32,061 Diagnosen ADHS gestellt, ungefähr ein Viertel davon bei Mädchen oder jungen Frauen.
Das errechnete Mortalitätsrisiko, bei dem sämtliche Todesursachen berücksichtigt wurden, lag in der Gruppe der Betroffenen bei 5,85 pro 10,000 Personenjahren, während der Wert bei denen ohne ADHS 2,21 pro 10,000 Personenjahren betrug. Damit ist das Risiko eines frühen Todes im Falle einer Diagnose etwa doppelt so hoch.
Innerhalb dieser Gruppe muss man jedoch noch weiter differenzieren. Diejenigen, die erst spät im Verlauf ihres Lebens diagnostiziert wurden, hatten demnach ein im Vergleich noch höheres Risiko. Die Forscher äußern in der Publikation die Vermutung, dass dies ein Hinweis darauf sein könnte, dass die Störungen, die bis ins Erwachsenenalter fortbestehen, schwere Formen darstellen. Eine andere denkbare Erklärung ist auch, dass ein früher Behandlungsbeginn sich positiv auf die Lebenserwartung auswirkt. Je länger die Störung daher unentdeckt bleibt, desto folgenreicher für die Betroffenen.
An ADHS leidende Frauen wiesen ebenfalls ein im Vergleich zu ihren männlichen Leidensgenossen erhöhtes relatives Risiko auf. Einen weiteren negativen prognostischen Faktor stellt das Vorhandensein von Begleitstörungen dar. Hierzu zählen besonders oppositionelles Trotzverhalten, Substanzmissbrauch und andere Verhaltensauffälligkeiten.
Der größte Teil der frühzeitigen Tode ist durch Unfälle bedingt. Die Betroffenen neigen zu riskantem Verhalten im Alltag, Unaufmerksamkeit und suchen vermehrt aufregende und Teils gefährliche Situationen. Logischerweise führt solches Verhalten häufiger zu Unfällen, zum Beispiel im Straßenverkehr. Anti-soziales Verhalten führe zu häufigerer Verwicklung in kriminelle oder gewalttätige Handlungen. Die häufig auftretende Impulsivität der Betroffenen steigere das Risiko einer ungesunden Lebensweise. Aber auch ohne Begleitstörungen erhöhe sich die Mortalitätsrate.
Es sei zwar seit Längerem bekannt, dass ADHS mit erheblichen Einschränkungen und Auffälligkeiten bis ins Erwachsenenalter einherginge, dies sei aber die erste Untersuchung, die einen Zusammenhang zwischen der Störung und einer erhöhten Mortalität nachweist, kommentieren die Autoren der Studie ihre Arbeit.
Das Ergebnis unterstreiche noch einmal die Notwendigkeit, diese Erkrankung ernst zu nehmen, und die Wichtigkeit einer frühen und korrekten Diagnosestellung insbesondere bei Mädchen.
Von diesem Ergebnis verständlicherweise beunruhigten Eltern halten die Forscher entgegen, dass bei einem erhöhten relativen Risiko, das absolute Risiko eines frühen Todes immer noch sehr gering ausfällt.
Text: esanum