1. Cyberdoc-Talk: in 5 Jahren werden unsere Arztpraxen nicht mehr dieselben sein Logo of esanum https://www.esanum.de

1. Cyberdoc-Talk: in 5 Jahren werden unsere Arztpraxen nicht mehr dieselben sein

Im ersten CyberDoc Talk sprechen Ärzte und Healthcare-Experten über die Digitalisierung in der Arztpraxis von morgen. Moderiert wird die Runde vom bekannten Businessdoc Oliver Neumann.

Im ersten CyberDoc Talk geht es um die Themen DiGA und die unaufhaltsam voranschreitende Digitalisierung der Arztpraxis.

CyberDoc ist eine moderne Plattform für Telemedizin, die Arzt, Praxispersonal und Patienten auf digitalem Wege verbinden will. Die erste digitale medizinische Experten-Runde, die Cyberdoc ausgerichtet hat, wurde moderiert von Oliver Neumann, auch bekannt durch den BusinessDoc Podcast. Er führte am 31. März 2021 durch eine virtuelles Diskussion zu Umfang und Geschwindigkeit der digitalen Transformation unseres Gesundheitswesens, welche durch Corona nochmals einen deutlichen Schub bekommen hat.

Die Teilnehmer:

     

   

(v. l. n. r.) Oliver Neumann, Geschäftsführer CyberDoc GmbH Dr. med. Jens Grothues, Facharzt für Allgemeinmedizin/Mitglied im Hausärzteverband Westfalen-Lippe, Dr. Alice Martin Co-Founderin von dermanostic und Medilogin (Weiterbildung Derma), Dr. Anne Sophie Geier Geschäftsführerin Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung e.V., Britta Rybicki Gesundheitsreporterin Handelsblatt Inside Digital Health, Arzt und Influencer Doc.felix

Dass Deutschland vielerorts die Digitalisierung schlichtweg verschlafen hat, ist lange kein Geheimnis mehr. Dass sich in der Gesundheitsversorgung auch noch zusätzliche Hürden auftun, ist längst nicht so bekannt. 

Tatsächlich ist der Modebegriff für viele praktizierende Hausärzt:innen eher ein Reizwort: zu offenkundig sind die noch existierenden Mängel bei der regierungsamtlich verordneten Implementierung der digitalen Segnungen, ob sie nun DiGA oder ePA heißen, und zu Recht mutmaßen viele Ärzte, dass hier im ersten Schritt weniger sie selbst, sondern eher die Krankenkassen und Hersteller profitieren.

Dass man das alles auch ganz anders sehen kann, und vielleicht sogar muss, machte die bunte Runde im Cyberdoc Talk deutlich. Eine örtlich und zeitlich flexible Behandlung ohne Wartezeit ist, insbesondere auf dem Land, eigentlich "alternativlos". Insbesondere was die Fachärzte betrifft, wie Alice Martin am Beispiel der monatelangen Wartezeit auf einen Termin beim Dermatologen treffend belegte - oft zur Aufklärung banaler oder bereits bekannter Krankheitsbilder, die man auch gut über z. B. ein hochgeladenes Foto beurteilen könne. Ebenso müssen Vorteile bedacht werden wie ein vermindertes Infektionsrisiko durch Nichtpräsenz, oder auch dass chronische Patienten unter Umständen nicht einbestellt werden müssen.    

Was in anderen Ländern längst zum Alltag gehört, kann in Deutschland nicht graue Theorie bleiben. Soweit war man sich einig, über das Wie wurde angeregt diskutiert. Dabei spielten erwartungsgemäß die neuen DiGA eine Rolle.

Dr. Jens Grothues vom Hausärzteverband Westfalen-Lippe führte dabei überzeugend die Sicht der Ärzteschaft aus: die schleppende, weitgehend strukturfreie Einführung und der kaum ernst zu nehmende Vorschlag einer 2€-Vergütung für mindestens 15 Minuten Aufklärungsgespräch (inkl. Verordnungsweg, Anwendung und vieles mehr) kann so nicht hingenommen werden. Auf der anderen Seite investiert man hier jedoch auch in die spätere Konkurrenzfähigkeit der eigenen Praxis, wenn man akzeptiert, dass die digitale Medizin gekommen ist, um zu bleiben. Ebenso gewinnt man neue Patientengruppen hinzu, die sich aufgrund der modernen Ausrichtung lieber für eine Praxis entscheiden, die mit der neuen Welt vertraut ist.

Insbesondere auf dem Land dürfen die Vorteile einer orts- und zeitunabhängigen Beratung nicht unterschätzt werden und trotz bekannter Probleme mit Krankenkassen, Abrechnungsstellen und Bundesgesundheitsministerium sollten Niedergelassene nicht den Fehler machen, digitale Anwendungen als Feind, personifiziert von Dr. Google, anzusehen.

Die Patienten müssten einfach abgeholt werden, z. B. durch handlungsweisende Empfehlungen vom Arzt, wie sie digitale Angebote nutzen sollen. Das bedeutet eine individuellere Beratung, die mehr auf den oder die  Patient:in zugeschnitten ist. Hier muss auch vom Gesetzgeber in der Vergütung nachgebessert werden, denn so eine Beratung braucht Zeit.

Eine interessante Perspektive brachte Arzt und Influencer Felix Berndt, auch bekannt als Doc.felix, ins Gespräch: über seine Social Media-Kanäle wie z. B. Instagram und eigene Podcast-Formate erreiche er große Zielgruppen auf Augenhöhe, im Gegensatz zum/zur "allwissenden" Behandler:in hinter dem Schreibtisch. Allzu oft ist das Gespräch nämlich seiner Meinung nach angstbelastet, medizinische Influencer:innen jedoch haben Einfluss auf die Patientenwahrnehmung und erreichen Menschen außerhalb dieses "abgehobenen" Settings. Ebenso beklagte er aus Sicht des sportlich sehr aktiven Mediziners die reaktive Funktionsweise eines Gesundheitssystems, dass oft erst tätig wird, wenn der Schaden bereits angerichtet ist, und z. B. der Diabetes bereits diagnostiziert ist, bevor er therapiert wird.

Dr. Anne Sophie Geier, Geschäftsführerin des Spitzenverbands Digitale Gesundheitsversorgung, berichtet über einen einen erfreulichen Vorstoss im Arbeitskreis mit DiGA-Herstellern, wie z. B. die Vergütung arztfreundlicher gestaltet werden könne. Auch der Datenschutz bleibt ein wichtiges Thema.

Auf die finale Frage, was dran ist an den häufig gemachten Vorwürfe an die DiGAs, sie seien teuer und medizinisch fragwürdig, versuchte die Runde, eine differenzierte Antwort finden. Ein Jahr Zeit haben die unterschiedlichen Anwendungen, um eine Evidenz ihrer Nützlichkeit zu erbringen. Diese sollte man ihnen auch gewähren. Die Preisfrage sollte in mehreren Runden mit Playern aus allen Bereichen diskutiert werden, es gibt hier keine pauschale Antwort, die für alle Apps gilt, die aus unterschiedlichsten Fachbereichen kommen.

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